Kreuzweg 2020 Epilog – Karfreitag

Gott bewahrt sein Gesicht und zeigt es uns

Zum Bild:
Diese mit Licht überwältigende Ikone geht zurück auf das Motiv des Schweißtuches von Manopello.
Im Leben Jesu, durch das Kreuz besiegelt, bestätigt und verewigt durch die Auferweckung zeigt Gott uns sein Gesicht: Das Gesicht des Mit-Menschen Jesus. Da verbinden sich die Menschenwürde Jesu und die würde Gottes: Er ist nun der HERR. Und seine Herrlichkeit des Lebens leuchtet hinein in unser oft armseliges Leben. So wird das Betrachten einer Ikone zu einer Art persönlichem Gottesdienst.

Aus der Bibel:
Der HERR segne dich und behüte dich;
der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir
und sei dir gnädig;
der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.

(4.Mose 6,24-26)

Zum Nachdenken:
Ich sehe dich.
Du bist im Zentrum,
Du bist die
Mitte,
Du bist im Licht.
Ich sehe den Glanz, der Dich umgibt.

Ich stehe Dir gegenüber.
Ich ahne, wer Du bist,
was Du bist und wo.
Ich sehe Herrschaft und Herrlichkeit.
Ich sehe Blut, Schweiß und Tränen.

Ich sehe den Aufrechten und Glaubenden,
ich sehe den Unterdrückten und Zögernden.
Ich sehe den, der empfangen wurde mit Freude und Jubel,
und der bald darauf verurteilt wurde, gequält und getötet.

Ich sehe Deine Augen.
Ich sehe die erschöpfte Näherin in Bangladesh,
den gefolterten Christen in Afghanistan
und sterbende Kindersoldaten im Kongo.
Ich sehe Dich, Jesus.
Leidend und mitleidend.

Ich sehe Güte.
Ich sehe das Gute, das Du bist.
Ich sehe, was sich spiegeln soll von Dir in mir,
in meinen Augen, in meinem Leben.
Denn ich bin Mensch.
Ich bin geschaffen als Gottes Ebenbild.
Ob ich reich bin oder arm,
ob groß oder klein, dick oder dünn,
weiß oder schwarz,
ob ich hier lebe oder woanders –
ich bin Dein.

Ich stehe Dir gegenüber.
Ich sehe genau hin.
Damit ich so sein kann,
damit ich so Mensch werden kann,
wie Du mich gemeint hast.

Zum Beten:
Jesus,
wir sind Deinen Weg mitgegangen.
Du willst uns begegnen,
unseren Weg mitgehen,
Du willst uns mit Deiner Liebe Kraft geben.

Wir bitten Dich:
lass uns spüren, was das heißen kann
und mach uns stark für andere.
Wir bitten Dich für die Erschöpften,
die Geschlagenen, die Gemobbten,
die Traurigen, die Einsamen,
die Verletzten,
die Gestorbenen und die Lebenden.
Lass sie den Glanz Deiner Liebe ahnen,
schenke ihnen Deine Kraft für ihr Leben.
Amen.


Ein Lied:

Korn, das in die Erde, in den Tod versinkt,
Keim, der aus dem Acker in den Morgen dringt –
Liebe lebt auf, die längst erstorben schien:
Liebe wächst wie Weizen und ihr Halm ist grün.

Über Gottes Liebe brach die Welt den Stab,
wälzte ihren Felsen vor der Liebe Grab.
Jesus ist tot. Wie sollte er noch fliehn?
Liebe wächst wie Weizen und ihr Halm ist grün.

Im Gestein verloren Gottes Samenkorn,
unser Herz gefangen in Gestrüpp und Dorn –
hin ging die Nacht, der dritte Tag erschien:
Liebe wächst wie Weizen und ihr Halm ist grün.

Text: Jürgen Henkys (1976) 1978 nach dem englischen »Now the green blade rises« von John Macleod Campbell Crum 1928
Melodie: »Noël nouvelet« Frankreich 15. Jh.

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Zum Hintergrund dieser Texte:

Zum Freitag, den 3. April, luden wir ein zu einem ökumenischen Kreuzweg in Petterweil. Doch den aktuellen Umständen geschuldet können wir ihn so nicht begehen. Und sollten es auch nicht. Dennoch sollen das Material nicht umsonst gekauft und die Gedanken dazu nicht umsonst gemacht worden sein. Wir laden ein, diesen gemeinsamen Weg von Tag zu Tag bis Karfreitag auf diese Art zu gehen. Wir folgen den Gedanken des ökumenischen Kreuzweges der Jugend „Icon“. „Icons“ sind in der modernen Computerwelt kleine Zeichen, die man anklicken kann, um zu Informationen zu gelangen oder sonstwie den PC zu bedienen. Eigentlich aber steht englisch „Icon“ für „Ikone“. Das sind gemalte Glaubensbekenntnisse in der Bildersprache der Ostkirchen. Entlang solcher Ikonen denken wir, der Botschaft von Jesu Kreuz für unsere Lebenswirklichkeit nachzudenken.

Die Ikonen stammen von einem Ikonenkreuzweg, der in Dresden in der St.-Hubertus-Gemeinde hängt. Wer möchte, kann sich bei geeigneten Quellen zur spirituellen Tradition und künstlerischen Formensprache von Ikonen informieren. Wichtig für uns ist: Solche Bilder laden zum Verweilen ein. Man muss sie auf sich wirken lassen. Denn sie wollen etwas ins Herz des Betrachters hineinwirken lassen, was eigentlich nicht darstellbar und unbeschreiblich ist: Das Geheimnis der Liebe des einen dreifaltigen Gottes. So sind Sie eingeladen, vor allem das Bild zu betrachten. Dazu bieten wir in sehr verkürzter Form Texte und Anregungen aus dem Teilnehmerheft an. Das haben wir für Teilnehmende ja bestellt. Es liegen Exemplare aus in St. Bardo und in der Martinskirche zum Mitnehmen für die, die lieber das Heft in der Hand halten.