Sieben und mehr erste Osterworte Jesu – Fünfte Station: „Friede sei mit euch – ich bin es wirklich!“

Fünfte Station: „Friede sei mit euch – ich bin es wirklich!“

Die Seligpreisungen – ein Lebenspsalm
Selig sind, die da geistlich arm sind;
denn ihrer ist das Himmelreich.
Selig sind, die da Leid tragen;
denn sie sollen getröstet werden.
Selig sind die Sanftmütigen;
denn sie werden das Erdreich besitzen.
Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit;
denn sie sollen satt werden.
Selig sind die Barmherzigen;
denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.
Selig sind, die reinen Herzens sind;
denn sie werden Gott schauen.
Selig sind, die Frieden stiften;
denn sie werden Gottes Kinder heißen.
Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden;
denn ihrer ist das Himmelreich.
(Beginn der Bergpredigt Jesu nach Mt. 5)

Biblische Geschichte aus Lukas 24
Die beiden Jünger aus Emmaus waren ja umgehend zu den anderen nach Jerusalem zurückgekehrt und berichteten von ihrem Ostererlebnis mit Jesus.
Während sie noch am Erzählen waren, stand mit einem Mal Jesus selbst in ihrer Mitte und grüßte sie mit den Worten: »Friede sei mit euch!«
Doch sie waren starr vor Schreck, denn sie meinten, einen Geist zu sehen.
»Warum seid ihr so erschrocken?«, sagte Jesus. »Und wie kommt es, dass solche Zweifel in euren Herzen aufsteigen?
Schaut euch meine Hände und meine Füße an: Ich bin es wirklich! Berührt mich und überzeugt euch selbst! Ein Geist hat doch nicht Fleisch und Knochen, wie ihr sie an mir seht.«
Und er zeigte ihnen seine Hände und seine Füße.

Zur Besinnung:
Mit der Friedfertigkeit oder der Barmherzigkeit ist es wohl wie mit der Liebe.
Ich kann nur Lieben, wenn ich selbst mich zutiefst geliebt weiß.
Ich kann nur Frieden wirken, wenn ich in mir selbst befriedet bin.
Ich kann nur barmherzig sein, wenn ich mich von jemand mit all meinen Seiten und Eigenarten angenommen weiß.
Als Jesus Menschen selig pries, sagte er nicht: „Ihr müsst das von euch aus können!“, sondern er verkündete: Ihr könnt das, weil Gott euch nahe ist. Er beseligt euch mit Verhaltensweisen, die im umfassenden Sinn Friedstiftend sind.
Es ist wie mit der Liebe…
Jesus taucht unvermutet auf im Kreis der Jünger. Sein erstes Wort:
Friede mit euch.
Mehr als „nur“ ein (orientalischer) Gruß.
Jesus meint das ernst: Er bringt den Seinen umfassenden Frieden als Kraft, die sie in die Zukunft trägt und neue Gemeinschaft in bisher unbekannten Dimensionen zum Leben erweckt. Jesus bringt sich ein, auch als Auferstandener, weil Gott selbst sich einbringen will. Denn er liebt die Welt, sie soll Zukunft haben, auch wenn noch so manches eben diese Zukunft arg verdüstert.
Darum: Friede sei mit euch – ich bin‘s wirklich, der unter euch ist.
Eine Botschaft für unsere Tage.

Freilich nicht leicht, Es ist nicht leicht, in all dem, was man erlebt, die Gegenwart des Auferstandenen wahrzunehmen. Also die Botschaft von Ostern für wahr zu nehmen. Gott inmitten der Welt zu begegnen.
Ein Weg dahin ist vielleicht: Das, was wir Wirklichkeit nennen oder Realität, größer zu denken. Umgeben von etwas Weiterem. Österlichem sozusagen. Ich schildere ein Erlebnis von Jörg Zink, das er niederschrieb in seinem Buch: Gotteswahrnehmung:
„Ich war Soldat. Ich tat meinen Dienst in Frankreich, auf einem Flugplatz am Rand von Lyon. Neben unserer Unterkunft lag ein altes Fort, eine Befestigungsanlage aus dem 19. Jahrhundert mit Gräben und Wällen und breiten Bunkern, das »Fort Bron«. Wenn ich in meiner Freizeit dem Lärm der Baracke entkommen wollte, ging ich auf die Wälle des Forts hinüber, um in der Stille etwas zu lesen. Einmal, es muss im April 1943 gewesen sein, saß ich dort, umgeben von einem dichten Gestrüpp weißblühender Schlehen. Wohin das Auge sah, waren dicht an dicht weiße Blüten.
Plötzlich war ich »anderswo«. Ich war in einem Land aus Licht. Die Blüten schwammen zusammen zu einer durchdringenden Helligkeit. Mich durchfuhr der Gedanke: Das sind keine Blüten, das ist eine andere Welt! Alles war offen. Und ich saß nicht mehr im Gras, ich war in einer anderen Dimension. Mir war klar: Die kleine Welt, in der ich mein Buch las, die nicht viel größere Welt, in der ich Soldat war und in der ein Krieg tobte, war wie ein Gefängnis, dessen Mauern mir die eigentliche Wirklichkeit verstellten. Aber die Welt ging weiter! Ich war in unendlichen Räumen, die mir sonst verschlossen waren. Eine größere Welt, vielleicht eine »geistige«, wandte sich mir zu, öffnete sich mir, und mich überkam der Gedanke, ich könne nie mehr eine andere Welt bewohnen als diese, die aus der kleinteiligen Welt bestand, in der ich Soldat war, und aus einer riesigen andersartigen Welt in ihrem Hintergrund. Nach einer Zeit, von der ich nicht sagen könnte, wie lang sie war, hatte ich wieder mein Buch in der Hand.
Diese Erfahrung war so nachhaltig, dass ich bis zum heutigen Tag blühende Schlehen nicht sehen kann, ohne sofort im Jahr 1943 zu sein und im Fort Bron. Ein paar weißblühende Büsche sind einige meiner wichtigsten Lehrer gewesen. Und sie haben mich deutlicher auf den christlichen Glauben hingeführt als alles, was ich damals von meiner Kirche gesagt bekam. Bernhard von Clairvaux muss Ähnliches erlebt haben; er sagt: »Ich hatte keine anderen Meister als die Buchen und die Eichen.« Wenn mir heute einer sagen würde: Du warst überreizt. Oder: Du warst in einem labilen Zustand. Oder: Das hast du dir ausgedacht. Oder: Das war ein Notwehrerlebnis, das dir dein Leben als Soldat erträglich machen sollte, dann würde mich das nicht im mindesten stören. Für alles, was der kleine Mensch in uns nicht verstehen will, hat er seine passenden Erklärungen.
Wem sich die größere Wirklichkeit einmal geöffnet hat, der kann die kleine, die er bewohnt, nicht mehr zureichend finden. Für mich waren die weißen Schlehen das, was von Mose erzählt wird: er habe am brennenden Dornbusch die verzehrende Gegenwart Gottes erfahren. Ich hätte es sofort verstanden, wenn jemand mir gesagt hätte: »Zieh deine Schuhe aus, diese größere Welt, die du betrittst, ist heiliges Land«, auch wenn das schwierig gewesen wäre bei den schweren Schaftstiefeln, die ich trug. Ich empfand, ich atmete die Weite des Universums ein oder mehr noch die Kraft und die Heiligkeit Gottes. Ich atmete mit in seinem unendlichen Atem. Die Luft war ein Meer, durchlichtet von der Gegenwart von etwas, das man als Gott zu bezeichnen pflegt. Die Welt war, wie der Psalm es ausdrückt, das »Kleid, das Gott anhat«. Oder wenn mir heute ein Psalm sagt, die Bäume auf dem Feld »lobten Gott«, dann ist mir das sehr vertraut. Ich höre es, seit ich die Schlehenbüsche von ihm singen hörte.“

Kleine Übung:
Ich stelle mich hin.
Ich nehme einmal mit allen Sinnen bewusst wahr,
wer oder was um mich ist:
Mit den Augen, den Ohren, der Nase…
Personen, die Landschaft, den Anblick einer Wiese…
Dazu rezitiere ich (so ungefähr) ein paarmal
ein Wort von Meister Eckart rezitieren
»Du, Mensch,
schau dich in deinem Leben nie so an,
als wärst du ferne von Gott.
Und wenn du dich nicht so ansehen kannst,
dass du nah seist bei Gott,
so fasse doch den Gedanken,
dass Gott nahe bei dir ist.«

Kleines Gebet als Friedenswunsch von Lothar Zenetti:
Dem da
dem andern
dem x-beliebigen
dem wildfremden
der mir wurscht ist
der mich nichts angeht
dem man nicht trauen kann
dem man besser aus dem Weg geht
dem man’s schon von weitem ansieht
dem da
dem Spinner
dem Blödmann
dem Besserwisser
dem Speichellecker
der nicht so tun soll
dem’s noch Leid tun wird
der mir’s noch büßen soll
der noch was erleben kann
der sich nicht unterstehen soll
dem ich’s schon noch zeigen werde
dem da
wünsche ich Frieden

Lied: Hevenu shalom aleichem