Maria & Maria – Predigt zur Osternacht 2020 zu Joh.20,11-18

Liebe Gemeinde,
Gnade sei mit euch von Gott,
durch Christus, im heiligen Geist.

Maria,
so erzählt der Evangelist Johannes von der Osternacht,
Maria stand draußen vor dem Grab Jesu und weinte.
Als sie nun weinte, schaute sie in das Grab und sieht zwei Engel in weißen Gewändern sitzen, einen zu Häupten und den andern zu den Füßen, wo sie den Leichnam Jesu hingelegt hatten. Und die sprachen zu ihr:
„Frau, was weinst du?“
Sie spricht zu ihnen:
„Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben.“
Und als sie das sagte, wandte sie sich um und sieht Jesus stehen und weiß nicht, dass es Jesus ist.
Spricht Jesus zu ihr:
„Frau, was weinst du? Wen suchst du?“
Sie meint, es sei der Gärtner, und spricht zu ihm:
„Herr, hast du ihn weggetragen, so sage mir, wo du ihn hingelegt hast; dann will ich ihn holen.“
Spricht Jesus zu ihr:
„Maria!“
Da wandte sie sich um und spricht zu ihm auf Hebräisch: „Rabbuni!“ (das heißt: Meister!)
Spricht Jesus zu ihr:
„Rühre mich nicht an! Denn ich bin noch nicht aufgefahren zum Vater. Geh aber hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott.“
Maria von Magdala geht und verkündigt den Jüngern: „Ich habe den Herrn gesehen, und das hat er zu mir gesagt.“

Auch diese Nacht hatte sie keine Ruhe gefunden.
Wie in den durchweinten Nächten zuvor hielt sie in ihren Händen jenes kleine Glasfläschchen. Es duftete noch immer zart nach dem Parfum, mit dem Maria vor wenigen Tagen ihren Jesus gesalbt hatte.
Daran musste sie nun immer und immer wieder denken:
Wie hatte sie sich gefreut, ihm etwas Gutes zu tun mit ihrem kostbaren Parfum! Und er hatte sich ebenfalls gefreut.
Doch dann musste sie erfahren: Man hat ihn gekreuzigt.
O Gott, warum? Warum ER???
Hatte sie ihn nicht gesalbt so, wie man einen Toten salbt?
Hatte sie ihn damit nicht zu Tode gesalbt?
Ihn bestärkt, nach Jerusalem zu gehen, obwohl er wusste, welche Lebensgefahr auf ihn lauert?
Maria fühlte sich schuldig, hätte am liebsten das Fläschchen auf dem Boden zertreten – aber war es nicht die einzige Erinnerung, die sie an ihren Jesus hatte?

In der noch sehr dämmrigen Morgenfrühe klopfte es zärtlich – leise und zugleich fest entschlossen an ihre Tür.
Maria aus Bethanien schreckte hoch, richtete sich mühsam auf – konnte man sie denn nicht allein lassen, ihre Trauer respektieren, ihren Schmerz?
Sie wollte alleine sein und alleine bleiben!

„Wer da?“ rief Maria mit rauer, unwirscher Stimme.

Eine Frauenstimme klang durch die verriegelte Tür:
„Ich bin es, Maria Magdalena, die, die mit Jesus hier bei euch in Bethanien war.“

Maria aus Bethanien erinnerte sich, schleppte sich zur Tür, schob, halb neugierig, halb widerwillig, den Riegel zurück und öffnete sie.
Im Dämmerlicht sah sie Maria Magdalena vor sich stehen, auch sie trug ein Trauergewand.
Aber deren Gesicht passte gar nicht dazu – diese Frau strahlte, als ob sie selber die Morgensonne sei!
Schnell wollte Maria aus Bethanien die Tür wieder zuschlagen – und bat nach einem Moment des Zögerns diese andere Maria dann doch zu sich herein.

Im Halbdunkel standen sie sich eine Weile gegenüber.
Schließlich deutete Maria Magdalena auf das leere Salbölfläschchen, das Maria aus Bethanien immer noch in ihrer Hand hielt:
„Es ist das Fläschchen, stimmt’s?“

Maria aus Bethanien nickte. Wie im Traum, weit weg, sah sie, dass Maria Magdalena einen kleinen, hölzernen Gegenstand ihr in die andere Hand drückte und hörte deren Worte:
„Nimm dies als wichtige Erinnerung an Jesus, ich habe es unterwegs für dich aus einem Stück Holz von den Olivenbäumen Gethsemanes geschnitzt.“

Maria aus Bethanien schaute auf das was Maria Magdalena ihr mitgebracht hatte.
Schlagartig war alles träumerische verschwunden, mit einem Schrei ließ sie entsetzt den Gegenstand fallen und keuchte:
„Ein Kreuz, das Kreuz, sein Kreuz..! Wie kannst du mir…?
Ich weiß, was ich getan habe, du brauchst es mir gar nicht vorwerfen, warum bist du eigentlich gekommen, … aber vielleicht hast du recht, ich habe ja schließlich….“
Weinend brach sie zusammen.

Maria von Magdala kauerte sich ruhig neben sie, hob das Kreuz vom Boden auf und nahm Maria von Bethanien in die Arme.
Leise sprach sie:
„Weißt du, ich verstehe dich nur zu gut, noch vorgestern weinte ich ebenso.
Aber jetzt möchte ich dir, gerade dir sagen, was ich und meine Freundinnen erlebt haben“.

Maria wartete geduldig, bis sich das Schluchzen gelegt hatte. Sie setzte sich neben Maria aus Bethanien und erzählte leise und eindringlich:
„Was du getan hast, war das Beste, was ein Mensch für Jesus tun konnte. Du hast ihm ein Zeichen der Liebe mit auf den Weg gegeben. Das treibt keinen Menschen in den Tod, im Gegenteil: So ein Zeichen stärkt und hilft einem Menschen erst recht dann, wenn er seinen letzten Weg gehen muss.
Du hast Jesus wirklich geholfen.
Und das wird er nie vergessen, glaube es mir,
genauso, wie er nie vergisst, dass wir bei ihm blieben, auch als er tot war, als wir ihn bestattet haben.“

Maria aus Bethanien hatte ihren Kopf erhoben bei diesen Worten, so, als lauschte sie jedem Wort nach…
„Wie, nie vergessen? Ein Toter vergisst doch alles, der Tod löscht jede Erinnerung…“
Hatte sie das nur gedacht oder laut gesagt?

Maria Magdalene sprach nach einer Pause weiter:
„ Ach ja, es war wirklich schrecklich… hilflos mussten wir zusehen, wie er litt,
Was hatte denn Jesus verbrochen?
Wo war da Gott, wo???“

Marias Stimme war unwillkürlich laut geworden, ihre Frage erfüllte den ganzen Raum.
Und wieder leise fuhr sie fort:
„Wir waren am Ende.
Und dann hauchte er sein Leben aus… aber weißt du, wie? Er hauchte, und es klang wie ein Ruf über alle Welt: „Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist, es ist vollbracht!“
Als endlich alle fort waren, standen wir immer noch dort auf Golgatha, und, wie soll ich es sagen, da war irgendwie –
Friede. Ja, Friede.
Es war so anders als sonst, wenn Menschen Menschen vernichten…
Wir holten Jesus vom Kreuz, wickelten ihn in ein neues Leichentuch, trugen ihn zum Friedhof, legten ihn in ein Felsengrab. Und schließlich wurde der Rollstein vor die Grabhöhle gerollt.
Ende.

Nein, nicht zu Ende.
Es klingt für dich vielleicht sehr seltsam, aber für uns war es nicht zu Ende. In uns hatte ein ganz tiefer Friede Platz genommen…

Jedenfalls nahmen wir uns vor, unseren Jesus nach dem Sabbath gleich zu besuchen und ihn zu salben, so, wie du: Liebevoll, zärtlich, wie einen, der leben soll…
Was dann geschah, hätten wir uns aber nie träumen lassen.
Stell dir vor,“
Marias Stimme wurde regelrecht munter,
„stell dir vor: es war so dämmrig wie vorhin, als wir gestern Morgen zum Friedhof gingen.
Als wir am Grab ankamen, packte uns tiefer Schreck.
Denn der Stein war beiseite gerollt, und im Grab – Jesu Leiche war weg!
Entsetzlich, man hat uns Jesu Leichnam genommen!
Doch dann, ich sage dir, alles, was wir bis dahin erlebt haben, ist kein Vergleich mit dem, was nun geschah –
Im Grab standen plötzlich vor uns zwei leuchtend weiß gekleidete Männer – Männer in Hochzeitsgewand!
Das müssen Engel gewesen sein, Gottes Botschafter!
Göttliche Erscheinung im Grab!

Uns wurden die Knie weich.
Doch da sprachen sie uns zu:
Fürchtet euch nicht,
geht getrost von hier weg.
Sucht Jesus nicht bei den Toten!
Sucht ihn bei den Lebendigen.

Wir haben zuerst überhaupt nicht begriffen, was die da gesagt haben, wir konnten nur stammelnd fragen:
„Wisst ihr vielleicht, wo man Jesus nun hingelegt hat?“

Und dann kam da noch einer, wie ich dachte, der Friedhofsgärtner.
Ich ging auf ihn, und fragte ihn: Wo hat man Jesus jetzt hingelegt?
Er schaut mich nur an –
Und sagt schließlich:
„Maria!“
Dieses Maria, das ich so oft aus seinem Mund gehört habe – und –„

Maria Magdalena packte Maria aus Bethanien, richte sich mit ihr auf, und schüttelte sie sanft, während sie berichtete:
„ER war es, er ist es!!! Gott war nicht weg, Gott war mit ihm, am Kreuz, im Tod, im Grab, und so, wie Gott ihm einst das Leben im Mutterleib schenkte, hat Gott es ihm wieder geschenkt in der Mutter Erde.

Ich hätte ihn umarmen können, doch er verbot, dass wir ihn anfassen. Gott hat ihn zu seinesgleichen gemacht.
Jesus lebt wie Gott im Himmel, und in ihm lebt Gott auf Erden.
Er lebt unfassbar, unsichtbar, aber dir und mir nahe, wie das Leben einem nur nahe sein kann.
Darum hat er sich uns noch einmal gezeigt: Damit wir dir und allen anderen bezeugen, was da am Kreuz und dann im Grab wirklich los war und in Zukunft überhaupt los ist:
Er lebt – und wir folgen ihm nach in dieses Leben!!!

Als wir, wieder zuhause, dies den anderen erzählten, musste ich auch an dich denken.
Darum bin ich hier her gekommen.
Ich glaube aber, ER war schon bei dir, hat dich nie verlassen – hättest du sonst dieses Fläschchen fest gehalten bis jetzt? Er hat diene Tränen mitgeweint, deine Gefühle von Schmerz und Schuld mitgetragen, und er möchte wieder mit dir lachen!
Darum glaube ich, dass deinem Fläschchen noch etwas fehlt. Du hast den Inhalt ihm geschenkt, und er schenkt dir nun dies…“

Maria Magdalena nahm das Kreuz und steckte es in den Hals des Fläschchens. Dann nahm sie die Hände der Maria aus Bethanien und legte sie um das Fläschchen mit dem Kreuz.
„Nimm beides, dein Zeichen der Liebe – und das leere Kreuz als Zeichen seiner Liebe. Nimm es als Zeichen deiner ganz persönlichen Lebenshoffnung, dass er mit uns lebt über jedes Ende hinaus.“

Versonnen streichelte Maria aus Bethanien das Holzkreuz. Dann löste sie sich aus der Umarmung mit Maria Magdalena,
sie fühlte sich aufgerichtet, eine kraftvolle Munterkeit durchströmte sie mit Leib und Seele, wie der Klang einer großen Glocke erklang in ihr ein Grundton, immer mächtiger, immer heller, mit immer fröhlicheren Obertönen:
Jesus lebt,
Gott hat ihn auferweckt,
er denkt an mich,
er nimmt mir alle Trauer ab,
alle Zweifel münden in Hoffnung, Freude, Leben…

Sie ging beschwingt zu ihrer Schlafstelle, stellte das Fläschchen mit dem Kreuz am Kopfende ab, drehte sich und – wieso leuchtete alles in ihrem Haus?
Ach, durch die geöffnete Tür schickte die Morgensonne ihre wärmenden Strahlen in jeden Winkel.
Maria aus Bethanien schritt zur Tür hinaus und kam neben Maria Magdalena zur Ruhe.
Maria Magdalena hob ihren Arm und deutete versonnen in Richtung Jerusalem, als ob sie das Kreuz, das leere Grab jenseits der Berge sehen könnte.
Maria aus Bethanien aber schaute auf das frische Grün der Berghänge. Im Frühsonnenlicht funkelten die Tautropfen,
wie Tränen einer vergangenen Nacht,
wie das perlend-sorgenbefreite Lachen überglücklicher Menschen.
Und beide begannen zu singen…

Morgenspaziergangsgedanken am Karsamstag 2020

„Höllenfahrt“ Christi, Johannes 14,6 und ein exclusivistischens Verständnis des Christentums aufgrund der Lektüre von Miroslav wolf: Zusammen Wachsen. Globalisierung braucht Religion. Gütersloh 2017

Wolf reflektiert u.a., inwiefern ein gemäßigtes exklusivistisches Verständnis (das ca. 60% aller Christen weltweit haben) nicht aus sich heraus eine pluralistische Neutralität demokratischer Regierungsformen erfordern.
Exklusivistisch: Das Christentum ist (wie alle Weltreligionen für sich) überzeugt, die wahre Weltdeutung anzubieten und zu befolgen (so mal ganz kurz und verkürzt).
Biblische Belegstelle wäre u.a. Jesu Wort aus dem Johannesevangelium 14,6:
„Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.“
Das kann man radikal interpretieren, wie z.B. jene, die den sogenannten unechten Markusschluss verfassten (Mk.16, 9 – 20, ein Konglomerat aus den anderen Evangelienschlüssen mit Ergänzungen aus späteren Traditionen). Da heißt es in V.16: wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden.
Wer dermaßen radikal denkt: Nur glaubende Christen kommen in den Himmel und leben wahrhaft recht auf Erden, wird sich schwer tun mit der Pluralität von Weltanschauungen. Und im Grunde eine christliche Theokratie bevorzugen. Also Antidemokratisch eingestellt sein. Denn alle anderen sind ja des Teufels und gehen zum Teufel und bringen teuflisches Unheil, und damit wäre Covid 19, wenn nicht Strafe Gottes, so doch satanisches Wirken, das alle befällt, die des Teufels sind und so weiter…
Weniger radikal gedacht, etwa wie Paulus im Römerbrief (der so auch das Verhältnis Christentum – Judentum bedenkt): Am Ende der Zeiten stimmt der Satz wieder: Alle werden Jesus als Christus anerkennen und damit Gott als wirklichen Herrn des Lebens. Bis dahin haben Christen schlicht vorzuleben, wovon sie überzeugt sind und so dafür zu werben.
Pls. lebte übrigens auch in einer sehr pluralistischen Umgebung.

Und schließlich hilft: Genau lesen.
„Niemand kommt zu Gott denn durch mich“: Jesus sagt hier NICHT: Nur wer mir glaubt, wird Gott finden und damit das Leben.
Er beschreibt seine Rolle – auch unabhängig von ihm Glaubenden.

Der Karsamstag reflektiert in der Tradition: Was machte Jesus eigentlich zwischen Kreuzestod und Auferweckung?
Er fuhr zur Hölle, um die Fesseln des Todes für alle Menschen zu sprengen („Adam“ steht für „Menschheit“).
D.h., durch ihn finden alle ins Leben – ob nun im Leben schon Christen oder anderer Weltsicht. Auch Philosophen wie Sokrates etc. gehören dazu!
So diese Tradition.

Dann die andere Tradition, ein Zentrum der Theologie: Jesus ist nicht einfach Mensch, er ist auch Gott. Der Gott, der „mit uns existiert“ – der Mitseiende. Auch da, wo scheinbar Gottlosigkeit ist – in Jesu Verlassenheit am Kreuz, im Tod und überhaupt.
Dann würde Jesu Satz letzten Endes bedeuten:
Niemand findet zu Gott außer durch Gott. Gott selbst muss sich nicht nur suchen, sondern auch finden lassen. Wie auch immer, wann auch immer. Insofern bedeuten „Weg, Wahrheit, Leben“ das, was der Evangelist Matthäus in Jesu Rede vom Endgereicht reflektiert „Was ihr einem von den Ärmsten getan habt, das habt ihr mir getan“ – Es gibt also einen Weg, zu Gott zu finden, der geht über den Umweg der nicht berechnenden Mitmenschlichkeit und der Freiheit, Verantwortung für das Wohl gerade der schwächsten Glieder in einer Gesellschaft / Menschheit zu übernehmen. Und zwar, weil es Menschen sind (und inzwischen kommt auch der Rest der Kreatur in den Blick).

Nehme ich diese Fäden auf und blicke auf Joh.14,6: Dann heißt das: Gott findet sich exklusiv in Jesus wieder, aber ebenso über all da, wo Menschen aus ihrer Weltanschauung heraus um das Wohl aller besorgt sind. Wer also wie zu Gott findet, ist Chefsache.
Wir als Christen sind also keine besseren Menschen – wir wissen lediglich für uns (oder sollten es wissen), warum wir uns an Jesus orientieren bzw. ihm in dieser Welt nachfolgen.
Insofern müssen wir damit rechnen, dass er uns als Weg, Wahrheit, Leben auch in anderen begegnet. Und also ist es sogar gut, wenn es Pluralität von Weltanschauungen gibt und es ist aus unserer Überzeugung heraus sogar geboten, dass ein Land, eine Staatengemeinschaft, am besten alle Welt weltanschaulich neutral demokratisch diese Pluralität pflegt.
Und wir haben da alle Möglichkeiten, öffentlich zu dem zu stehen, warum wir etwas tun, wofür wir eintreten, wofür wir werben (also z.B. dafür, dass Leute, die möglicherweise zu einer Risikogruppe gehören, nicht stigmatisiert werden, sondern im Gegenteil besonders achtsam zu würdigende Personen sind).

D.h., Gottes Exklusivität in Jesus rechtfertigt meine Überzeugung, mit meiner Zugehörigkeit zum Christentum auf der richtigen Fährte zu sein – und zugleich bin ich das nur, weil andere Weltanschauungen (aus ihrer Sicht sowieso) auch auf der richtigen Fährte sind – denn es ist letztlich Gottes Weg. Und wer bin, ich dass ich Gott seinen Weg (auch als Weg des Auferstanden in der Welt, vermutlich ein weg inmitten der Höllen dieser Erde) vorschreiben könnte. Kann froh sein, dass er mich Jesus nachfolgen lässt (bei aller Unvollkommenheit).

Soweit dieser Gedankengang, alles andere als fertig …

Gründonnerstag ohne Abendmahl, dafür mit Jesus in der Einsamkeit des nächtlichen Ringens mit Gott.

Kein Abendmahl! Und das am Gründonnerstag.
Der Tag, der ganz besonders der Erinnerung gilt: Jesus hat das Abendmahl als Zeichen seiner Gegenwart im Leben und im Sterben gestiftet.

So bleibt diesmal nur, die Geschichte selbst zu lesen.
Etwa so, wie der Apostel Paulus im 1. Brief an die Korinther daran erinnert, ich zitiere aus Kapitel 11 die Verse 23 bis 26:
Denn ich habe von dem Herrn empfangen, was ich euch weitergegeben habe: Der Herr Jesus, in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot, dankte und brach’s und sprach: Das ist mein Leib für euch; das tut zu meinem Gedächtnis. Desgleichen nahm er auch den Kelch nach dem Mahl und sprach: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut; das tut, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis. Denn sooft ihr von diesem Brot esst und von dem Kelch trinkt, verkündigt ihr den Tod des Herrn, bis er kommt.

Bekannte Worte.
Immer, wenn Abendmahl gefeiert wird, feiern wir Gründonnerstag, Karfreitag – und Ostern. Und die Zukunft Gottes mit aller Welt.

An manchen Orten wird (dieses Jahr nicht) das sogenannte Sedermahl gefeiert.
Mit mir nicht.
Das Passahmahl, das an die Befreiung Israels aus der Sklaverei in Ägypten erinnert, gehört den jüdischen Schwestern und Brüdern. Es ist ihre Geschichte mit Gott.
Doch dieses Fest erhellt, was für uns beim Abendmahl geschieht.
Es wird vor Gott, dem Ewigen gefeiert.
In Gottes Gegenwart wird alles gegenwärtig, was Gott rettend, vergebend, erlösend wirkte, wirkt und wirken wird.
Es ist jetzt da, auch wenn es eigentlich einmal war oder hoffentlich einmal soweit sein wird.

So auch das Abendmahl. Der alte Streit, ob Brot und Kelch wirklich Jesu Leib und Blut sind oder nur an Jesu Brot und Leben teilen mit den Seinen und seine Lebenshingabe für alle Welt erinnert, ist dann unerheblich.
Nicht wir vergegenwärtigen uns diese heilsame Lebensgeschichte,
Gott vergegenwärtigt uns, was hier geschah.
Darum geschieht es, wenn wir Abendmahl feiern. Und was wir da feiern.
Und weil Gott leibfreundlich ist und uns ganz und gar liebt, passiert hier nicht nur „seelische Erbauung“, sondern leibhaftiges Essen und Trinken.
Wie ja auch im Judentum bei der Passahfeier.
Oder, analog, wie bei der Aufführung eines Musikstückes: Der Komponist mag schon lange tot sein, die Uraufführung längst vorbei. Doch wenn eine Person oder eine Gruppe das Musikstück zum Wiedererklingen bringt, spielt es keine Rolle mehr, wie alt das Stück ist. Es ist jetzt Wirklichkeit. Und im Stück lebt der Komponist mit seiner Kreativität – und zwar zusammen mit den Musikern und den Hörer*innen.
Für den Fall einer gelungenen Aufführung. Im anderen Fall erlebt man unheilvolle Grausamkeit.
Darauf wies übrigens Paulus ebenfalls hin, weswegen er ja seine Abendmahlsworte überlieferte und damit an das Handeln Jesu erinnerte:
Wenn in einer Gemeinde und erst recht beim Abendmahl Menschen durch die anderen Gemeindemitglieder das Gefühl bekommen, irgendwie ausgegrenzt zu sein wegen ihrer sozialen Herkunft, ihres Geschlechtes, ihres anderweitigen Herkommens u.s.w., dann wird Jesus selbst verunglimpft, verraten, mit Füßen getreten. Und aus dem Heiligen Abendmahl als Wohltat Gottes wird unseliges Saufen und Fressen – tödliches Gift für die, die bedacht oder unbedacht ausgrenzen. D.h., ob ein Abendmahl richtig gefeiert wird, ist keine (wenigstens nicht nur eine) liturgische Frage. Die ganze Gemeinde ist gefordert, ob sie sich einlässt auf Gottes Wille zu Solidarität, Inklusion, Integration aller in Gottes Reich.

Übrigens: Es ist nicht ganz ausgemacht, ob Jesus wirklich mit den seinen beim Passahmahl saß und dann plötzlich den Ritus radikal änderte. Oder ob er nicht einfach zum letzten Mal ein Mahl feierte, wie er auch sonst mit Menschen zusammen aß und trank, also Tischgemeinschaft hatte. Und so ein Zeichen für die Menschenfreundlichkeit Gottes setze.
Die Evangelien legen das Passahmahl nahe, Paulus jedoch nicht. Und insgesamt passt es nicht so ganz in die innere Logik dieses Festes…

Ich denke also diesmal „Abendmahlabstinent“ den Worten nach. „Anamnese“ werden sie genannt. Das gleiche Wort, wie wenn ein guter Arzt zum ersten Mal einen Patienten untersucht: Mit der Anamnese beginnt der Heilungsprozess (über weitere Untersuchung, Diagnose und Therapievorschlag)

Und wieder ärgert mich die Bibelübersetzung, aber auch die traditionelle Wortwahl der sogenannten Einsetzungsworte, so, wie sie Paulus zitiert.
„verraten“ – das steht nicht im Original. Da steht „ausgeliefert“.
Ich erinnere: Wir tragen spätestens nach dem Holocaust eine christliche Verantwortung für den Respekt vor unseren jüdischen Schwestern und Brüder. „Verraten“ lässt an Judas denken – und Judas klingt wie „Jude“.
Dieses „verraten“ hat über Jahrhunderte dazu geführt, Juden pauschal den Mord an Jesus vorzuwerfen, als hätten sie ihn begangen.
Was völliger Quatsch ist, lebensgefährliche fake News, mitnichten „gute Nachricht“, also „Evangelium“.
„Ausgeliefert“ trifft es besser: Denn alle Jünger haben Jesus dann im Stich gelassen.
Und mit eben diesen hat er das Brot geteilt und den einen Kelch, besser „Becher“.
Das ist das Evangelium und gerade das Abendmahl verbietet jede Verfolgung Andersgläubiger.

Brot teilen – Jesus sagt: Das ist mein Leib. Gemeint ist sein Leben. Leib und Leben, wie er es einsetzte lebenslang. In Wort und Tat, Gebet und Heilung. Das nehmen wir auf – um ihm dann nachfolgen zu können, mit guten, heilsamen Worten für andere, mit entsprechenden Taten, mit unseren Gebeten, mit allem, was Heilsames erforscht und angewendet werden kann.

Und dann – eben nicht „Blut trinken“.
Sondern aus einem Becher.
Der erinnert an Psalm 23: du schenkst mir voll ein, Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang.
Ein Becher für alle –
Es gab die Sitte, dass bei jüdischen Mählern alle einen Becher hatten. Doch ein gefüllter Becher stand zusätzlich auf dem Tisch. Der war für den Profeten Elia. Elia war ja seinerzeit entrückt worden. Doch er sollte wieder kommen. Und wenn er wiederkommt, kommt auch endlich der Messias, und alles wird gut auf Erden.
Es ist wie in manchen frommen süddeutschen Haushalten, wenn ein Stuhl am Tisch freibleibt – für Jesus.
Diesen Becher nimmt Jesus – und reicht ihn weiter.
Der Becher erinnert auch an den Becher des Leides.
Alle trinken daraus – sie teilen Jesu (= Gottes) Barmherzigkeit und sie teilen sein Leid mit der Welt. In der Welt.
Im Becher ist – Wein. Wein wiederum steht für Lebensfreude, für einen Frieden, wie er in des Propheten Jesaja Buch verheißen wird: Jeder wird in Frieden die Frucht seines Weinstocks genießen können. Somit steht der Inhalt für eine Zukunft, die für alle lebenswert ist.
Und darum feiernswert.
Es wäre der „neue Bund“, heißt es.

Jahrhunderte lang wurde „geglaubt“, ich meine: „geirrglaubt“ mit schlimmsten Folgen, dieser Neue Bund hätte die anderen, älteren Bünde erledigt. Kirche statt Israel.
Wer lesen kann, ist auch da klar im Vorteil, und lesen meint: In der Bibel hingucken, was da wirklich steht – und was nicht.
Tatsächlich kann man die Bibel als eine Geschichte der „Verbündungen“ Gottes lesen.
Bei „Bund“ schwingt das gleiche wie bei „Ehebund“ mit: es hat mit liebender Zuwendung zu tun. Gott verliebt sich du geht einen Bund ein. Und hofft auf Gegenliebe. Und jeder, der in einer Ehe lebt, weiß: Man sollte gewisse Regeln des Zusammenlebens beachten.
Der erste Bund: Der steht gleich am Anfang der Bibel: Gott verbündet sich mit der Naturgeschichte dieser Welt.
Nach der Sintflutgeschichte wird dieser Bund erneuert und in seiner Gültigkeit bestätigt. Der Bund Gottes mit Abraham konzentriert diese globale Liebe auf diese Person – was das andere (und all die anderen Personen) eben nicht abwertet. Als ich mit meiner Frau einen Bund fürs Leben schloss, ging das nicht gegen die restlichen 4,5 Milliarden Frauen.
Und so weiter – der Bund Gottes mit seinem Volk am Berg Sinai wurde vor dem Einzug ins verheißene Land erneuert, dann später wieder und immer wieder. Bis es beim Profeten Jeremia heißt: Es wird einmal einen Bund Gottes geben, der nie mehr erneuert werden muss. Weil er allen Menschen in Fleisch und Blut übergegangen ist und alle Herzen davon erfüllt sind.
Und nun nimmt Jesus uns in diese Bundesgeschichte mit hinein. Das ist das neue. Nicht gegen das „alte“. Sondern eine Neuausrichtung, die den „alten“ Bund Gottes mit seinem Volk bestätigt.
Der Bund im Blut.
Blut steht für Leben. Leben gehört Gott. Weswegen Juden jeglicher Blutgenuss verboten ist. Es wäre ein sich Vergreifen an dem, was Gott heilig ist.
Blut steht für Jesu Leben. Für seine Hingabe bis zum Tod am Kreuz.
Kreuz: aus unheiligem Tötungsinstrument der Römer wird ein Zeichen des Heiles. Das kann nur Gott selbst wirken. Darum „Heilig“.
Gott hat da seinen Bund neu geschlossen. Aus dem Bild eines schrecklichen Endes das Zeichen seiner immer neuen Liebe geschaffen.
„Blut“: Es ist Rot. Leben, Liebe, neues Leben.
Wir trinken kein Blut.
Wir werden in dieses Handeln Gottes mit hinein genommen. Und es kommt in uns hinein. Damit es unsere Herzenssache werde.
Da war (und in der Feier: „ist jetzt“) Jesu Tod. Einmaliges Geschehen, wie Jesus selbst einmalig ist. Gott hat seinen Bund geschlossen, seinen Lebensvertrag für alle Welt aufgesetzt und besiegelt.
Wenn wir Abendmahl feiern, Brot teilen, aus einem Becher trinken, dann ratifizieren wir den Vertrag.
Es ist wie mit den Menschenrechten.
Die wurden einst von der UNO „beschlossen“. Sie gelten. Aber die einzelnen Länder müssen sie ratifizieren und für sich annehmen. Das haben die meisten ja auch getan.

Nicht bei Paulus, aber in den Evangelien und daher in den immer zitierten Einsetzungsworten steht: Für alle Welt zur Vergebung der Sünden.
Wenn Sünde das ist, was Gemeinschaft zerstört (unter Menschen, zwischen Mensch und Gott), dann heißt „Vergebung“: Gott schafft Lebensgemeinschaft neu. Es ist sozusagen ein göttlicher Schöpfungsakt.
Wenn wir den Becher teilen, lassen wir Gott dies an uns, in uns und unter uns wirken. An uns liegt es, es auch wirksam werden zu lassen. Deswegen wird beim Abendmahl oft auch der Friedensgruß ausgetauscht.
Den „Friede“ meint eben dies: Was war, ist vergeben. Was gilt, stiftenden die Liebenden. Und mittendrin Gott.

Insofern verkünden wir also Jesu Tod – als Gottes Lebenszeichen. Im Lichte von Ostern. In Erwartung, dass Gott selbst einmal die Welt „runderneuert“ und wir es erleben, auch wenn wir sterben.

Doch diese Welt ist noch nicht soweit. Und so nimmt uns dieser abendmahlabstinente Gründonnerstag mit in das Geschehen, was nun folgte, ich zitiere aus dem Lukasevangelium, Kapitel 22:

Und Jesus ging (nach dem Abendmahl) nach seiner Gewohnheit hinaus an den Ölberg. Es folgten ihm aber auch die Jünger.
Und als er dahin kam, sprach er zu ihnen: Betet, dass ihr nicht in Anfechtung fallt!
Und er riss sich von ihnen los, etwa einen Steinwurf weit, und kniete nieder, betete und sprach: Vater, willst du, so nimm diesen Kelch von mir; doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe!
Es erschien ihm aber ein Engel vom Himmel und stärkte ihn.

Jesus hat noch einmal um sein Leben mit Gott gerungen. Muss es wirklich soweit kommen? Oder geht es nicht auch anders?
Blut und Wasser habe er geschwitzt beim Beten, heißt es an anderer Stelle.
Und ich denke an Situationen, wo ich mit Gott zu ringen habe.
Ich bin nicht allein, auch wenn ich allein bin.
Jedes solche Ringen verschmilzt mit Jesu Gebet in nächtlicher Einsamkeit.
Auch da, wo ich hilflos am Bett eines todkranken stehe und nur noch beten kann.
Oder mir sonstige Bilder einer völlig unerlösten Welt vor Augen stehen.
Was ich mir dann wünsche?
Das, was ich Ihnen allen wünsche:
Einen Engel, der dann die Kraft gibt, „gegen Gott an Gott festzuhalten“, wie es jemand mal sagte.
Und so etwas getroster in die Nacht zu gehen,
so, wie es einst Jesus tat. Als er ausgeliefert wurde.

Kreuzweg 2020 Epilog – Karfreitag

Gott bewahrt sein Gesicht und zeigt es uns

Zum Bild:
Diese mit Licht überwältigende Ikone geht zurück auf das Motiv des Schweißtuches von Manopello.
Im Leben Jesu, durch das Kreuz besiegelt, bestätigt und verewigt durch die Auferweckung zeigt Gott uns sein Gesicht: Das Gesicht des Mit-Menschen Jesus. Da verbinden sich die Menschenwürde Jesu und die würde Gottes: Er ist nun der HERR. Und seine Herrlichkeit des Lebens leuchtet hinein in unser oft armseliges Leben. So wird das Betrachten einer Ikone zu einer Art persönlichem Gottesdienst.

Aus der Bibel:
Der HERR segne dich und behüte dich;
der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir
und sei dir gnädig;
der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.

(4.Mose 6,24-26)

Zum Nachdenken:
Ich sehe dich.
Du bist im Zentrum,
Du bist die
Mitte,
Du bist im Licht.
Ich sehe den Glanz, der Dich umgibt.

Ich stehe Dir gegenüber.
Ich ahne, wer Du bist,
was Du bist und wo.
Ich sehe Herrschaft und Herrlichkeit.
Ich sehe Blut, Schweiß und Tränen.

Ich sehe den Aufrechten und Glaubenden,
ich sehe den Unterdrückten und Zögernden.
Ich sehe den, der empfangen wurde mit Freude und Jubel,
und der bald darauf verurteilt wurde, gequält und getötet.

Ich sehe Deine Augen.
Ich sehe die erschöpfte Näherin in Bangladesh,
den gefolterten Christen in Afghanistan
und sterbende Kindersoldaten im Kongo.
Ich sehe Dich, Jesus.
Leidend und mitleidend.

Ich sehe Güte.
Ich sehe das Gute, das Du bist.
Ich sehe, was sich spiegeln soll von Dir in mir,
in meinen Augen, in meinem Leben.
Denn ich bin Mensch.
Ich bin geschaffen als Gottes Ebenbild.
Ob ich reich bin oder arm,
ob groß oder klein, dick oder dünn,
weiß oder schwarz,
ob ich hier lebe oder woanders –
ich bin Dein.

Ich stehe Dir gegenüber.
Ich sehe genau hin.
Damit ich so sein kann,
damit ich so Mensch werden kann,
wie Du mich gemeint hast.

Zum Beten:
Jesus,
wir sind Deinen Weg mitgegangen.
Du willst uns begegnen,
unseren Weg mitgehen,
Du willst uns mit Deiner Liebe Kraft geben.

Wir bitten Dich:
lass uns spüren, was das heißen kann
und mach uns stark für andere.
Wir bitten Dich für die Erschöpften,
die Geschlagenen, die Gemobbten,
die Traurigen, die Einsamen,
die Verletzten,
die Gestorbenen und die Lebenden.
Lass sie den Glanz Deiner Liebe ahnen,
schenke ihnen Deine Kraft für ihr Leben.
Amen.


Ein Lied:

Korn, das in die Erde, in den Tod versinkt,
Keim, der aus dem Acker in den Morgen dringt –
Liebe lebt auf, die längst erstorben schien:
Liebe wächst wie Weizen und ihr Halm ist grün.

Über Gottes Liebe brach die Welt den Stab,
wälzte ihren Felsen vor der Liebe Grab.
Jesus ist tot. Wie sollte er noch fliehn?
Liebe wächst wie Weizen und ihr Halm ist grün.

Im Gestein verloren Gottes Samenkorn,
unser Herz gefangen in Gestrüpp und Dorn –
hin ging die Nacht, der dritte Tag erschien:
Liebe wächst wie Weizen und ihr Halm ist grün.

Text: Jürgen Henkys (1976) 1978 nach dem englischen »Now the green blade rises« von John Macleod Campbell Crum 1928
Melodie: »Noël nouvelet« Frankreich 15. Jh.

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Zum Hintergrund dieser Texte:

Zum Freitag, den 3. April, luden wir ein zu einem ökumenischen Kreuzweg in Petterweil. Doch den aktuellen Umständen geschuldet können wir ihn so nicht begehen. Und sollten es auch nicht. Dennoch sollen das Material nicht umsonst gekauft und die Gedanken dazu nicht umsonst gemacht worden sein. Wir laden ein, diesen gemeinsamen Weg von Tag zu Tag bis Karfreitag auf diese Art zu gehen. Wir folgen den Gedanken des ökumenischen Kreuzweges der Jugend „Icon“. „Icons“ sind in der modernen Computerwelt kleine Zeichen, die man anklicken kann, um zu Informationen zu gelangen oder sonstwie den PC zu bedienen. Eigentlich aber steht englisch „Icon“ für „Ikone“. Das sind gemalte Glaubensbekenntnisse in der Bildersprache der Ostkirchen. Entlang solcher Ikonen denken wir, der Botschaft von Jesu Kreuz für unsere Lebenswirklichkeit nachzudenken.

Die Ikonen stammen von einem Ikonenkreuzweg, der in Dresden in der St.-Hubertus-Gemeinde hängt. Wer möchte, kann sich bei geeigneten Quellen zur spirituellen Tradition und künstlerischen Formensprache von Ikonen informieren. Wichtig für uns ist: Solche Bilder laden zum Verweilen ein. Man muss sie auf sich wirken lassen. Denn sie wollen etwas ins Herz des Betrachters hineinwirken lassen, was eigentlich nicht darstellbar und unbeschreiblich ist: Das Geheimnis der Liebe des einen dreifaltigen Gottes. So sind Sie eingeladen, vor allem das Bild zu betrachten. Dazu bieten wir in sehr verkürzter Form Texte und Anregungen aus dem Teilnehmerheft an. Das haben wir für Teilnehmende ja bestellt. Es liegen Exemplare aus in St. Bardo und in der Martinskirche zum Mitnehmen für die, die lieber das Heft in der Hand halten.

Kreuzweg 2020 7. Station – Gründonnerstag

Jesus steigt in die Unterwelt

Zum Bild:
Jesus ist „hinabgestiegen in das Reich des Todes“ (so das Glaubensbekenntnis). In der „Unterwelt“ sind Werkzeuge zu sehen, mit denen Menschen im Tod eingesperrt und auf den Tod festgenagelt sind. Jesus hat nun die Schlüssel, die den Tod zum Leben öffnen. Das sieht man: Neben dem Auferstandenen stehen vom Tod in das Leben bei Gott gerufene: Adam und Eva (links als Prototyp der Menschen) und die Könige David und Salomo (rechts, als königliche Repräsentanten des Gottesvolkes). Alle Farben sind „himmlisch“, hinter Jesus leuchtet göttliches Goldlicht. Die Berge symbolisieren vielleicht die Gegend, in denen der Auferstandene seine Jünger anweist, die frohe Botschaft vom Leben durch IHN in aller Welt zu bezeugen.
Das Kreuz bleibt im Reich des Todes: Es wird in alle Zukunft der Schlüssel zum Leben sein, mächtiger als alles, was auf den Tod festnagelt und ein Leben abschließt.

Die Geschichte aus Bibel:
Aber am ersten Tag der Woche sehr früh kamen sie zum Grab und trugen bei sich die wohlriechenden Öle, die sie bereitet hatten. Sie fanden aber den Stein weggewälzt von dem Grab und gingen hinein und fanden den Leib des Herrn Jesus nicht.
Und als sie darüber ratlos waren, siehe, da traten zu ihnen zwei Männer in glänzenden Kleidern. Sie aber erschraken und neigten ihr Angesicht zur Erde. Da sprachen die zu ihnen: Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, er ist auferstanden. Gedenkt daran, wie er euch gesagt hat, als er noch in Galiläa war.

(Lk 24,1-6)
Jesus spricht:
„Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe; und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben.“ (Joh 11,25-26)
„Fürchtet euch nicht, ich war tot, doch nun lebe ich in Gottes Ewigkeit, und ich habe die Schlüssel, die euch den Tod zum Leben öffnen.“

(nach Offb.1, 16f)

Zum Nachdenken:
Hinabgestiegen in das Reich des Todes war Jesus. Dorthin, wo das Leben abgeschlossen ist. Dort, wo es für die Menschen nur noch Einsamkeit gibt, weil dorthin keine Liebe mehr vordringt. Jesus schon. Er ist gestorben. Er ist auferstanden. Mit Ihm zerspringen die Tore dieser Unterwelt in tausend Stücke, jetzt sind sie nur noch Trittstufen, die herausführen.
Kein Totenschädel ist mehr zu sehen. An der Hand Jesu folgen Adam und Eva, und mit ihnen folgen alle Menschen. An der Hand Jesu zu sein, ist die Erlösung. Sein Kreuz wird zum Zeichen: Es war die Hölle. Dagegen half nur Seine Liebe. Jetzt sind die Menschen frei, zu leben und Ihn zu lieben.
Der Tod ist nicht das Ende, auch nicht der Schmerz, ein Fehler oder dass Menschen unterdrückt leben. Und auch die Sünde, die Einsamkeit und die Angst haben nicht das letzte Wort. Sie müssen nicht einmal Teil dieser Welt bleiben.
Du bist frei!, und in deinen Händen liegt diese Welt: Das ist das Geschenk Jesu an dich, das ist Seine Liebe und Seine Freundschaft mit dir.
Setz dich ein gegen jede Unfreiheit, kämpfe für Gerechtigkeit, Frieden und echte Freiheit der Menschen in unserer Welt und deines eigenen Herzens.
Vergib, liebe, lebe: werde ein Bild der Freundschaft mit Jesus. Jesu Kreuz ist das Symbol Seiner Liebe – und deiner. Trag sie weiter, das ist der Sinn.

Du bist als Gottes Ebenbild geschaffen. Was ist von Ihm zu sehen, wenn man dir begegnet?
Fühlst du dich Gott gerade eher fern oder nahe? Warum?
Schon mal gewagt, Jesus als bestmöglichen Freund in deinem Leben zu haben?

Zum Beten:
Jesus, Deine Liebe gilt uns.
Mit Deiner Liebe haben das Dunkel, die
Einsamkeit und der Tod keine Macht mehr.
Wir sind frei.
Mit Dir zu leben, heißt zu lieben.
Bei Dir zu sein, heißt zu leben.
Amen.

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Zum Hintergrund dieser Texte:

Zum Freitag, den 3. April, luden wir ein zu einem ökumenischen Kreuzweg in Petterweil. Doch den aktuellen Umständen geschuldet können wir ihn so nicht begehen. Und sollten es auch nicht. Dennoch sollen das Material nicht umsonst gekauft und die Gedanken dazu nicht umsonst gemacht worden sein. Wir laden ein, diesen gemeinsamen Weg von Tag zu Tag bis Karfreitag auf diese Art zu gehen. Wir folgen den Gedanken des ökumenischen Kreuzweges der Jugend „Icon“. „Icons“ sind in der modernen Computerwelt kleine Zeichen, die man anklicken kann, um zu Informationen zu gelangen oder sonstwie den PC zu bedienen. Eigentlich aber steht englisch „Icon“ für „Ikone“. Das sind gemalte Glaubensbekenntnisse in der Bildersprache der Ostkirchen. Entlang solcher Ikonen denken wir, der Botschaft von Jesu Kreuz für unsere Lebenswirklichkeit nachzudenken.

Die Ikonen stammen von einem Ikonenkreuzweg, der in Dresden in der St.-Hubertus-Gemeinde hängt. Wer möchte, kann sich bei geeigneten Quellen zur spirituellen Tradition und künstlerischen Formensprache von Ikonen informieren. Wichtig für uns ist: Solche Bilder laden zum Verweilen ein. Man muss sie auf sich wirken lassen. Denn sie wollen etwas ins Herz des Betrachters hineinwirken lassen, was eigentlich nicht darstellbar und unbeschreiblich ist: Das Geheimnis der Liebe des einen dreifaltigen Gottes. So sind Sie eingeladen, vor allem das Bild zu betrachten. Dazu bieten wir in sehr verkürzter Form Texte und Anregungen aus dem Teilnehmerheft an. Das haben wir für Teilnehmende ja bestellt. Es liegen Exemplare aus in St. Bardo und in der Martinskirche zum Mitnehmen für die, die lieber das Heft in der Hand halten.

Kreuzweg 2020 6. Station – Mittwoch der Heiligen Woche

Der Heilige Leichnam Jesu wird ins Grab gelegt

Zum Bild:
Stellvertretend für alle Freunde, Jüngerinnen, Bekannte, die Jesu Sterben von nah oder fern miterleben mussten, tragen Jesu Mutter Maria, sein Jünger Johannes, Josef von Arimathäa (der Stifter des Grabes) und Nikodemus (der Jesus verbundene Pharisäer) seinen Leichnam zum Grabe.
Bei Begräbnissen vor allem reicher Persönlichkeiten wurde deren Leichnam nicht nur mit Leinenbinden umwickelt, sondern zuvor auch gewaschen und mit wohlriechenden Essenzen gesalbt. Ein letzter Liebesdienst. Auf dem Bild ist das angedeutet durch die zwei Tonkrüge. Doch laut der Evangelien war dafür keine Zeit mehr, weil der Sabbat schon anbrach und solche Handlungen am Sabbat verboten waren. Dafür wollten es die Frauen ja am Tag nach dem Sabbat nachholen. Und kamen nicht mehr dazu, weil Jesus von den Toten erweckt worden war. So verweisen diese beiden Tonkrüge bereits auf Ostern.

Die Geschichte aus der Bibel:
Man wickelte ihn in ein Leinentuch und legte ihn in ein Felsengrab, in dem noch nie jemand gelegen hatte.
Und es war Rüsttag, und der Sabbat brach an.
Es folgten aber die Frauen nach, die mit ihm gekommen waren aus Galiläa, und sahen das Grab und wie sein Leib hineingelegt wurde.
Sie kehrten aber um und bereiteten wohlriechende Öle und Salben. Und den Sabbat über ruhten sie nach dem Gesetz.

Zum Nachdenken:
Sie nehmen Abschied: Maria, einige Frauen, wenige Männer. Die Freunde von Jesus, die bis zuletzt ausgehalten haben und bei Ihm geblieben sind. Sie halten zusammen. Gemeinsam tun sie das, was sie für Jesus noch tun können: Sie haben die Leiche von Jesus in ein Leinentuch gewickelt. Sie werden sie auch noch mit duftendem Öl einreiben.
Sie blicken Jesus noch einmal an: so werden sie sich an Ihn erinnern. Sie werden Jesus niemals wiedersehen, davon sind sie überzeugt. Der Abschied ist endgültig. Zusammen tragen sie die Leiche in ein Höhlengrab.

Das Grab wird verschlossen.

Du stehst auf dem Friedhof und kannst es noch nicht fassen.
Der Sarg ist verschlossen. Liebevoll mit Blumen geschmückt. Er wird ins Grab gesenkt. Endgültig. Deine Freundin, mit der zusammen du so viel erlebt hast, lebt nicht mehr. Ein Fahrradunfall.

Jemand hat die Powertaste gedrückt. Aus. Kein Bild mehr.
Das Gesicht, das dir vertraut war, ist nicht mehr zu sehen. Dir bleiben nur noch gute Erinnerungen. Es ist schwer, das auszuhalten. Du bist völlig traurig. Es ist gut, dass du nicht alleine bist. Deine anderen Freunde und Freundinnen sind bei dir. Ihr könnt Euch gegenseitig umarmen und trösten.
Aber tief in dir ist eine Sehnsucht:
Dass trotzdem nicht alles zu Ende ist. Vielleicht stimmt es ja doch, was du vorhin bei ihrem Trauergottesdienst in der Kirche gehört hast: Dass mit dem Tod nicht einfach alles aus ist. Weil es Jesus gibt. Du kannst die Hoffnung in deinem Herzen spüren wie einen sanften goldenen Glanz im Dunkeln.

Deine Freunde und dich – was hält euch zusammen?
Was ist eigentlich der Tod aus deiner Sicht?
Wenn sich dein Leben gerade nach „Power Off“ anfühlt: Was gibt dir Hoffnung? Wer? Wie?

Zum Beten:
Jesus,
Du bist uns nah,
wenn wir zusammen nach Dir fragen,
zusammen das Leid ertragen,
zusammen Hoffnung haben.
Dafür danken wir Dir.
Amen.

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Zum Hintergrund dieser Texte:

Zum Freitag, den 3. April, luden wir ein zu einem ökumenischen Kreuzweg in Petterweil. Doch den aktuellen Umständen geschuldet können wir ihn so nicht begehen. Und sollten es auch nicht. Dennoch sollen das Material nicht umsonst gekauft und die Gedanken dazu nicht umsonst gemacht worden sein. Wir laden ein, diesen gemeinsamen Weg von Tag zu Tag bis Karfreitag auf diese Art zu gehen. Wir folgen den Gedanken des ökumenischen Kreuzweges der Jugend „Icon“. „Icons“ sind in der modernen Computerwelt kleine Zeichen, die man anklicken kann, um zu Informationen zu gelangen oder sonstwie den PC zu bedienen. Eigentlich aber steht englisch „Icon“ für „Ikone“. Das sind gemalte Glaubensbekenntnisse in der Bildersprache der Ostkirchen. Entlang solcher Ikonen denken wir, der Botschaft von Jesu Kreuz für unsere Lebenswirklichkeit nachzudenken.

Die Ikonen stammen von einem Ikonenkreuzweg, der in Dresden in der St.-Hubertus-Gemeinde hängt. Wer möchte, kann sich bei geeigneten Quellen zur spirituellen Tradition und künstlerischen Formensprache von Ikonen informieren. Wichtig für uns ist: Solche Bilder laden zum Verweilen ein. Man muss sie auf sich wirken lassen. Denn sie wollen etwas ins Herz des Betrachters hineinwirken lassen, was eigentlich nicht darstellbar und unbeschreiblich ist: Das Geheimnis der Liebe des einen dreifaltigen Gottes. So sind Sie eingeladen, vor allem das Bild zu betrachten. Dazu bieten wir in sehr verkürzter Form Texte und Anregungen aus dem Teilnehmerheft an. Das haben wir für Teilnehmende ja bestellt. Es liegen Exemplare aus in St. Bardo und in der Martinskirche zum Mitnehmen für die, die lieber das Heft in der Hand halten.

Kreuzweg 5. Station – Dienstag der Heiligen Woche

Jesus wird vom Kreuz genommen

Zum Bild:
Maria empfängt ihren ersten Sohn. Wieder ist sie ganz Mutter. Auch in ihrem Schmerz. Auf der anderen Seite steht Johannes, Trauer in Person. Dazwischen zwei Personen, von denen das Neue Testament erzählt: Der wohlhabende Josef von Arimathäa riskierte sein Vermögen, um die Leiche Jesu von den Römern zu bekommen. Er hatte sich selbst bereits ein seinem Stand angemessenes Felsengrab in Jerusalem anlegen lassen. Das möchte er nun Jesus als letzte Ruhestätte stiften. Hier auf dem Bild ist er dargestellt, wie er Jesus im Arm hält und seiner Mutter reicht. Rechts unten wird von einem Pharisäer erzählt, Nikodemus geheißen, der Jesus eng verbunden war und zu dem Jesus sagte: Du bist nicht weit weg vom Reich Gottes. In der Passionsgeschichte taucht er eigentlich nicht auf, auf dem Bild schon: Er entfernt die Nägel. Auf was immer man Jesus festnageln wollte – Nikodemus zieht diese Nägel. Denn wie Gott ist er nicht „fest zu nageln“ – es sei denn, auf seine Liebe.

Die Geschichte aus der Bibel:
Lukas 23:
Jesus rief laut: Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände! Und als er das gesagt hatte, verschied er.
Als aber der Hauptmann sah, was da geschah, pries er Gott und sprach: Fürwahr, dieser Mensch ist ein Gerechter gewesen!
Und als alles Volk, das dabei war und zuschaute, sah, was da geschah, schlugen sie sich an ihre Brust und kehrten wieder um.
Es standen aber alle seine Bekannten von ferne, auch die Frauen, die ihm aus Galiläa nachgefolgt waren, und sahen das alles.
Und siehe, da war ein Mann mit Namen Josef, ein Ratsherr, der war ein guter und gerechter Mann.
Der hatte ihren Rat und ihr Handeln nicht gebilligt. Er war aus Arimathäa, einer jüdischen Stadt, und wartete auf das Reich Gottes.
Der ging zu Pilatus und bat um den Leib Jesu und nahm ihn herab vom Kreuz.

Zum Nachdenken:
Bist du schon einmal mit dem Tod in Berührung gekommen? Es kann seltsam sein, bei jemandem zu sein, den du noch ganz lebendig vor Augen hast, und nun ist diese Person tot.
Schon wenn ein Haustier stirbt, bist du in so einer seltsamen Situation. Noch einmal anfassen? Noch einmal streicheln? Selbst hinaustragen?
Es ist unglaublich schwer zu fassen, wenn ein Mensch stirbt, den du lieb hast. Vielleicht hilft es, wenn du den toten Menschen noch einmal siehst und sie oder ihn berührst. Nicht umsonst gibt es auch heute noch den Brauch, die Toten zu Hause feierlich aufzubahren. Egal wann und wo sie stattfindet: So eine letzte Begegnung mit einem geliebten Menschen ist wichtig für das Abschiednehmen. Gerade weil dieser Abschied so schwer fällt. Du musst es ja erst fassen:
Vor Kurzem sind wir uns noch begegnet, und nun spürst du, dass in der Hand, die du berührst, kein Leben mehr ist. Die verstorbene Person ist dir noch genauso lieb und gleichzeitig ganz fremd. Der Tod trennt uns. Aber du hältst diese allerletzte Begegnung und Berührung aus, weil dir dieser Mensch so lieb und wichtig war. Diese Liebe hört mit dem Tod nicht auf. Sie verändert sich nur, und sie lehrt, dass es gut ist, wenn wir mitten im Leben sorgsam und zärtlich miteinander umgehen.

Wo bist du mit dem Tod in Berührung gekommen?
Wie war das für dich? Was war schwierig? Was hat dir dabei geholfen?
Was erzählen dir andere von ihren Begegnungen mit dem Tod?

Zum Beten:
Jesus, Du hast die Menschen geliebt.
Deine Liebe hilft uns in den schwersten Momenten, auch in der Trauer, auch im Tod.
Hilf uns, Jesus, dass wir leben und lieben.
Amen.

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Zum Hintergrund dieser Texte:

Zum Freitag, den 3. April, luden wir ein zu einem ökumenischen Kreuzweg in Petterweil. Doch den aktuellen Umständen geschuldet können wir ihn so nicht begehen. Und sollten es auch nicht. Dennoch sollen das Material nicht umsonst gekauft und die Gedanken dazu nicht umsonst gemacht worden sein. Wir laden ein, diesen gemeinsamen Weg von Tag zu Tag bis Karfreitag auf diese Art zu gehen. Wir folgen den Gedanken des ökumenischen Kreuzweges der Jugend „Icon“. „Icons“ sind in der modernen Computerwelt kleine Zeichen, die man anklicken kann, um zu Informationen zu gelangen oder sonstwie den PC zu bedienen. Eigentlich aber steht englisch „Icon“ für „Ikone“. Das sind gemalte Glaubensbekenntnisse in der Bildersprache der Ostkirchen. Entlang solcher Ikonen denken wir, der Botschaft von Jesu Kreuz für unsere Lebenswirklichkeit nachzudenken.

Die Ikonen stammen von einem Ikonenkreuzweg, der in Dresden in der St.-Hubertus-Gemeinde hängt. Wer möchte, kann sich bei geeigneten Quellen zur spirituellen Tradition und künstlerischen Formensprache von Ikonen informieren. Wichtig für uns ist: Solche Bilder laden zum Verweilen ein. Man muss sie auf sich wirken lassen. Denn sie wollen etwas ins Herz des Betrachters hineinwirken lassen, was eigentlich nicht darstellbar und unbeschreiblich ist: Das Geheimnis der Liebe des einen dreifaltigen Gottes. So sind Sie eingeladen, vor allem das Bild zu betrachten. Dazu bieten wir in sehr verkürzter Form Texte und Anregungen aus dem Teilnehmerheft an. Das haben wir für Teilnehmende ja bestellt. Es liegen Exemplare aus in St. Bardo und in der Martinskirche zum Mitnehmen für die, die lieber das Heft in der Hand halten.

Auf dem Weg zu Palmsonntag 2020 – Gedankensplitter zu den biblischen Texten VII (Psalmsonntag)

Jedem Sonntag sind ein Psalm, ein Abschnitt aus den Evangelien als Evangelium zum Sonntag, ein Abschnitt aus dem Ersten Testament (früher „Altes Testament“), ein Abschnitt aus einem der neutestamentlichen Briefe und noch drei weitere Bibeltexte zugeordnet.

Die Evangelisten Matthäus, Markus und Lukas erzählen: Nach dem Jesus mit den Seinen das „letzte“ Abendmahl (gleichsam als letzter Wille) gefeiert hatte, ging er zum Garten Gethsemane. Dort rang er zutiefst erschüttert betend mit Gott und seinem Leben.

Anders der Evangelist Johannes. Dort äußert Jesus seinen letzten Willen in einer längeren Abschiedsrede an die Seinen (Tenor: Liebt einander, wie ich euch geliebt habe; wir finden in Gott wieder zusammen).
Danach betet er in einer Weise, bei der ich den Eindruck habe: Hier ist Jesus eins mit Gott und sich und dem Sinn seines Lebens bis zum Schluss. Er lebt ganz und gar aus seiner inneren Mitte heraus und wird auch so sterben.
Ich zitiere den 7. Text von Palmsonntag, ein Abschnitt aus dem 17. Kapitel des Johannesevangeliums:

1 Solches redete Jesus und hob seine Augen auf zum Himmel und sprach: Vater, die Stunde ist gekommen: Verherrliche deinen Sohn, auf dass der Sohn dich verherrliche; 2 so wie du ihm Macht gegeben hast über alle Menschen, auf dass er ihnen alles gebe, was du ihm gegeben hast: das ewige Leben. 3 Das ist aber das ewige Leben, dass sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen. 4 Ich habe dich verherrlicht auf Erden und das Werk vollendet, das du mir gegeben hast, damit ich es tue. 5 Und nun, Vater, verherrliche du mich bei dir mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war.
6 Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Sie waren dein, und du hast sie mir gegeben, und sie haben dein Wort bewahrt. 7 Nun wissen sie, dass alles, was du mir gegeben hast, von dir kommt. 8 Denn die Worte, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, und sie haben sie angenommen und wahrhaftig erkannt, dass ich von dir ausgegangen bin, und sie glauben, dass du mich gesandt hast.

Bei allem, worüber sich nachzudenken lohnt: Meine Augen und dann meine Gedanken blieben bei dem Vers hängen, der in der Lutherbibel durch Fettdruck markiert ist:
„Das ist aber das ewige Leben, dass sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen.“

„Ewig“ heißt nicht „unendliche Zeit“ im Sinne unserer Zeitmessung.
Wir als Menschen erleben Zeit und alles, was da ist, ist in der Zeit. Wobei das mit der Zeit so eine Sache ist…
Im Unterschied dazu ist „Ewig“ eine Eigenschaft Gottes und daher etwas völlig anderes. „Ewig“ steht außerhalb unserer Welt Zeit. Der Begriff ist fast gleichbedeutend mit „heilig“.
„Ewig“ Leben hieße dann: Zu einem irdischen Zeitpunkt so mit sich und allem eins sein, so nah und sinnerfüllt, dass dieser Augenblick das sprengt, was man sonst als Zeit im Vergehen und Werden erlebt. Wer solches einmal erlebte, fühlt sich zutiefst geborgen.
Von Buddha wird überliefert, er habe schließlich zur „Erleuchtung“ gefunden und sei da ins Nirwana (unendlicher Seinsgrund, in dem alles aufgehoben ist) eingegangen. Er war mitnichten gestorben. Aber er hatte diese Phase auf seine Weise erlebt.
Hier (und auch sonst) in unserer Bibel ist das mit „Gott“ und „Jesus“ verbunden. Mit „erkennen“ der Wahrheit Gottes und dem Sinn von Jesu Dasein für uns. „Erkennen“: Das griechische Wort „gignoskein“, das im Original des Neuen Testamentes verwendet wird, meint ähnlich wie unser Wort „erkennen“ eine Fähigkeit des Verstandes: Plötzlich geht einem ein Licht auf, nachdem man fleißig jemand oder etwas nachgedacht hat mit allen Mitteln der Vernunft.
Doch Jesus selbst sprach aramäisch und lebte in der Welt seiner hebräischen Bibel. Hinter „erkennen“ steht dann das entsprechende Wort „jada‘ “. Das ist ein inniges, herzliches erkennen. Ein „eins“ werden. So „erkannte“ Adam seine Frau Eva, und heraus kam neues Leben. Oder Abraham erkannte seine Frau Sarah. Und so weiter. Ein leiblicher Vorgang ist mehr als „Sex“ (klingt technisch und ist oft auch so), da werden zwei Wesen innigst eins. Zeit steht still.
Analog dazu gibt es Momente, wenigstens haben das sogenannte Mystiker so erlebt, da schiebt sich zwischen Gott und Mensch kein Blatt mehr.
Da herrscht unsagbare „Innigkeit“. Ein herzliches Einverständnis. „Ewigkeit“ in der Zeit.
Diese „Ewigkeit“ kann gesucht – und, so wird es verheißen, auch gefunden – werden, wo man Jesu Leben und Sterben, sein Da sein einschließlich der Botschaft von Ostern, immer und immer wieder meditiert, sich zu Herzen nimmt, mitten in der Zeit sich Auszeit gönnt und sein Leben, seine Worte ganz persönlich nimmt. Zugleich bleibt es ein Geschenk, wo immer es und wann immer es geschieht. Und sei es in jener Sekunde der Zeitstille, wo man seinen sogenannten letzten Atemzug tut.
Und bisweilen erscheint diese „Ewigkeit“ im „Erkennen“ auch ganz weltlich.
Ich re-zitiere aus meiner ungehaltenen Predigt von vor vier Wochen:

Der Schweizer Kolumnenschreiber Lorenz Marti, eine Art weltlicher Mystiker, hat mich auf ein Theaterstück von Ludwig Anzengruber aufmerksam gemacht. Es heißt Der Kreuzelschreiber.

„Im Mittelpunkt des Stücks steht Steinklopferhans, ein Querdenker und Außenseiter. Er ist als uneheliches Kind einer Kuhmagd aufgewachsen und musste schon früh in einem Steinbruch hoch oben am Berg arbeiten. Dabei erkrankte er schwer, ohne dass sich jemand um ihn gekümmert hätte. Mit letzten Kräften schleppte er sich auf eine Wiese, legte sich ins Gras und hoffte, nie mehr aufzuwachen. Er schlief ein wie tot.
Als am Abend die Sonne unterging, erwachte Steinklopferhans, und ein unerklärliches Wohlgefühl durchströmte ihn, als ob die Sonne in ihm weiterleuchten würde. Er fühlte sich aufgehoben und erlebte eine allumfassende Geborgenheit. Von diesem Moment an wusste er, dass ihm nichts passieren konnte, wie auch immer die äußeren Umstände sein mochten: „Es kann dir nix g’schehn! – Du g’hörst zu dem all’n, und dös alles g’hört zu dir! Es kann dir nix g’schehn!“

(Gelesen in: Lorenz Marti, Türen auf! Spiritualität für freie Geister, Freiburg im Breisgau 2019, S. 80 – 82 „Ergriffenheit und Einheit“)

Die Fragen an Gott und die Welt und ans Leben und damit Skepsis und Zweifel bleiben. Aber im Hintergrund erklingt als Grundmelodie des Lebens:
„Es kann dir nix g’schehn! – Du g’hörst zu dem all’n, und dös alles g’hört zu dir! Es kann dir nix g’schehn!“

Mehr kann ich eigentlich uns allen nicht wünschen.
Gott gebe es. Und es ist alle Zeit wert, sich Zeit zu nehmen und solcher „Erkenntnissuche“ zu widmen.
P.S.: Das ist auch ein gutes Heilmittel gegen den Hochmut, alle Wahrheit, und sei es die tiefgläubigste, für sich gepachtet zu haben.
Im Gegenteil.

Auf dem Weg zu Palmsonntag 2020 – Gedankensplitter zu den biblischen Texten VI

Jedem Sonntag sind ein Psalm, ein Abschnitt aus den Evangelien als Evangelium zum Sonntag, ein Abschnitt aus dem Ersten Testament (früher „Altes Testament“), ein Abschnitt aus einem der neutestamentlichen Briefe und noch drei weitere Bibeltexte zugeordnet.

Manchmal kommen mir Tränen der Freude. Ich erfahre, wie so viele Mitmenschen kreativ Zeichen einer Mitmenschlichkeit setzen, die ich einfach nur gut christlich nennen kann. Sie setzen Lebenszeichen wider tödliche Bedrohung.
Ob das so bleibt, wenn diese Seuche gegangen ist und neue (und auch alte) Herausforderungen (wieder) erscheinen? Z.B. die Sache mit der gemeinsamen Verantwortung für diese Welt und der Begrenzung des Schadens, den wir Menschen ihr mittlerweile zugefügt haben?
Schön wäre es.
Doch da ist wegen allem auch die Furcht, es könne einen selber treffen, oder Menschen, die einem am Herzen liegen. Aus der Furcht wird leicht irrationale Angst. Und die schlägt um in Aggression und Wahn.
Ich hörte gestern, wie eine französische Krankenschwester Drohbriefe in ihrem Briefkasten vorfand und ein Arzt anonym zum Wegzug aus seinem Viertel aufgefordert wurde.
#Hass# erhebt wieder sein Gesicht.
Heute morgen eine in gebotener Distanz geführte Unterhaltung: Wenn das vorbei ist, dann ist alles, was wir zur Zeit positiv erleben, auch vorbei. Alte Verhaltensweisen feiern „fröhliche“ Urständ, es ist da wie mit den guten Vorsätzen zu Neujahr.

Und nun begegnet mir ein weiterer Bibeltext von Palmsonntag, der in dieser Lage fast für sich spricht:

Aus Hebräerbrief 11 und 12:

1 Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht dessen, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht. 2 In diesem Glauben haben die Alten Gottes Zeugnis empfangen.
8 Durch den Glauben wurde Abraham gehorsam, als er berufen wurde, an einen Ort zu ziehen, den er erben sollte; und er zog aus und wusste nicht, wo er hinkäme. 9 Durch den Glauben ist er ein Fremdling gewesen im Land der Verheißung wie in einem fremden Land und wohnte in Zelten mit Isaak und Jakob, den Miterben derselben Verheißung. 10 Denn er wartete auf die Stadt, die einen festen Grund hat, deren Baumeister und Schöpfer Gott ist.
11 Durch den Glauben empfing auch Sara, die unfruchtbar war, Kraft, Nachkommen hervorzubringen trotz ihres Alters; denn sie hielt den für treu, der es verheißen hatte. 12 Darum sind auch von dem einen, dessen Kraft schon erstorben war, so viele gezeugt worden wie die Sterne am Himmel und wie der Sand am Ufer des Meeres, der unzählig ist.
39 Diese alle haben durch den Glauben Gottes Zeugnis empfangen und doch nicht die Verheißung erlangt, 40 weil Gott etwas Besseres für uns vorgesehen hat: dass sie nicht ohne uns vollendet würden.

12 1 Darum auch wir: Weil wir eine solche Wolke von Zeugen um uns haben, lasst uns ablegen alles, was uns beschwert, und die Sünde, die uns umstrickt. Lasst uns laufen mit Geduld in dem Kampf, der uns bestimmt ist,
2 und aufsehen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens, der, obwohl er hätte Freude haben können, das Kreuz erduldete und die Schande gering achtete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes.
3 Gedenkt an den, der so viel Widerspruch gegen sich von den Sündern erduldet hat, dass ihr nicht matt werdet und den Mut nicht sinken lasst.

Ob Dietrich Bonhoeffer an diese Worte dachte, als er einst in der Isolation im Gefängnis sein berühmtes Gedicht „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ schrieb?
Es ist nicht immer leicht, sich nicht von den eigenen irrationalen Ängsten beherrschen zu lassen, dafür aber getrost Sorge für die Zukunft zu tragen.
Die Verfasserin des Hebräerbriefes verweist darauf: Wir sind nicht allein.
Auch wenn wir allein sind:
Unsichtbar umgibt uns eine „Wolke von Zeugen“ guter Hoffnung als Lebensgrundlage für Besonnenheit und, wie es im Morgengebet der Benediktiner heißt: „Gott lasse unsere Liebe immer reicher werden an Einsicht und Verständnis, damit wir lernen, worauf es ankommt…“ (vgl. Philipperbrief 1,9f.)
Der Glaube, also das Festhalten an Gottes Liebe zu allen, ist für einen einzelnen bisweilen ganz schwer. Doch wir können einander tragen, weil uns der Glaube vieler anderer trägt. Und mittendrin als Dreh- und Angelpunkt der Weltgeschichte Gottes Jesus Christus. In ihm selbst Gott, der an uns glaubt. Damit wir werden, wie es hie und da und auch dieser Zeit unter uns hoffnungsvoll aufblüht.
„Die Wolke der Zeugen“ nannte sich einst ein Buch von einem evangelischen Pfarrer. Er griff auf evangelische Weise die katholische und orthodoxe Tradition der Achtsamkeit auf „Heilige“ auf. Diese „heiligen“ Menschen lebten jeweils eine Farbe der Liebe Gottes. Wenn wir uns deren Leben anschauen, können wir uns in uns selbst vertiefen, die Tiefe des eigenen Leben ergründen: Was ist meine Lebensfarbe? Wozu lebe ich – und für wen? Was ist mein Teil an der Aufgabe, die sich Gott gestellt hat, um diese Welt besseren Zeiten entgegen zu führen? Was ist mein Part, wenn wir versuchen, der göttlichen, weil wahren Mitmenschlichkeit Jesu nach zu folgen in unseren Zeiten?

2006 erschien eine Art Neuauflage dieses „Heiligenkalenders“ : „Woran sie glaubten – wofür sie lebten“. Vorbilder für die 365 Tage des Jahres.
Heute, am 4. April wird an den Todestag von Martin Luther King erinnert.
Übrigens: Die tatsächlichen oder angenommenen Todestage von „Heiligen“ gelten als zweiter und endgültiger Geburtstag: Sie sind da angekommen, wo Jesus zu Ostern hinging: Ganz in der Wirklichkeit des lebendigen Gottes. Und somit sind und bleiben sie uns präsent.
Martin Luther King: Ich denke, der ist bekannt, ansonsten siehe Wikipedia.
In dem erwähnten Kalenderbuch wird zitiert, was er unter anderem am 4. April 1967 (also genau ein Jahr vor seiner Ermordung) in der Riverside Church in New York erklärte, und ich re-zitiere:

Ich muss meiner Überzeugung treu bleiben, mit allen Men¬schen zu den Kindern des lebendigen Gottes zu gehören. Diese Berufung zur Kindschaft und zur Brüderlichkeit geht über die Bindung an eine Rasse, eine Nation oder ein Glaubensbekenntnis hinaus. Und weil ich glaube, dass dem Vater besonders die Leidenden, Hilflosen und Verachteten unter seinen Kindern am Herzen liegen, komme ich heute Abend hierher, um für sie zu sprechen…. Wir sind gerufen, für die Schwachen zu sprechen, für die, die keine Stimme haben, für die Opfer unserer Nation und für die, die sie Feinde nennt. Denn keine von Menschen gemachte Erklärung kann diese Menschen zu weniger machen als zu unseren Brüdern.

Und Schwestern.
Und nun das erwähnte Gedicht von Dieterich Bonhoeffer:

Von guten Mächten treu und still umgeben,
behütet und getröstet wunderbar,
so will ich diese Tage mit euch leben
und mit euch gehen in ein neues Jahr.

Noch will das alte unsre Herzen quälen,
noch drückt uns böser Tage schwere Last.
Ach Herr, gib unsern aufgeschreckten Seelen
das Heil, für das du uns geschaffen hast.

Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern
des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,
so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern
aus deiner guten und geliebten Hand.

Doch willst du uns noch einmal Freude schenken
an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz,
dann wolln wir des Vergangenen gedenken
und dann gehört dir unser Leben ganz.

Lass warm und hell die Kerzen heute flammen,
die du in unsre Dunkelheit gebracht,
führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen.
Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht.

Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet,
so lass uns hören jenen vollen Klang
der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet,
all deiner Kinder hohen Lobgesang.

Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.

Lasst uns aufsehen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens, … dass ihr nicht matt werdet und den Mut nicht sinken lasst.

Kreuzweg 2020 – 4. Station Montag der Heiligen Woche

Jesus stirbt am Kreuz

Zum Bild:
Das Fundament des Kreuzes liegt im Reich des Todes aufgerichtet. Neben dem sterbenden Jesus stehen Jesu Mutter Maria und der Jünger Johannes.
Trauer und Liebe sind mit ihnen zu sehen. Sonst niemand (mehr). Nun trägt Maria ein Gewand mit der königlichen Farbe Purpur. Ihr und des Jüngers Untergewand sind blau, die Farbe der Wahrheit und Treue.
Marias Hand weist auf Jesus, als wolle sie sagen: Das alles tut er für uns! Das ist nicht nur mein Kind, er ist der Sohn Gottes.

Die Geschichte aus Bibel und Tradition:
Es standen aber bei dem Kreuz Jesu seine Mutter und seiner Mutter Schwester, Maria, die Frau des Klopas, und Maria Magdalena.
Als nun Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er lieb hatte, spricht er zu seiner Mutter: Frau, siehe, das ist dein Sohn!
Danach spricht er zu dem Jünger: Siehe, das ist deine Mutter! Und von der Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.
Etwa um die sechste Stunde brach eine Finsternis über das ganze Land herein. Sie dauerte bis zur neunten Stunde. Die Sonne verdunkelte sich. Der Vorhang im Tempel riss mitten entzwei, und Jesus rief laut: Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist. Nach diesen Worten hauchte er den Geist aus.

Zum Nachdenken:
Jesus stirbt. Er fühlt sich allein gelassen, schutzlos seinen Mördern ausgeliefert. Schuldlos wird Er getötet. Maria steht am Kreuz. Sie erkennt in diesem Moment: Wenn Jesus selbst so furchtbar leidet, dann ist Er mir nah, wenn ich leiden muss. Wenn ich Furchtbares erlebe, dann ist Jesus bei mir. Es ist so, als stürbe Er dort, damit ich nicht allein bin, in den schlimmsten Momenten meines Lebens. Wenn ich leide, ist Er mir nah. Wenn ich Furchtbares erlebe, dann ist Er bei mir.
Jesus,

Im Dunkel unsrer Ängste,
im Schrei aus unsrer Not:
du leidest mit an unserm Kreuz,
du stirbst auch unseren Tod.

Im Frosthauch unsrer Kälte,
im Kampf um Geld und Brot:
Du zweifelst mit an unserm Kreuz,
du stirbst auch unseren Tod.

Im Wahnsinn unsres Handelns,
im Krieg, der uns bedroht:
Du weinst mit uns an unserm Kreuz,
du stirbst auch unseren Tod.

In Nächten des Alleinseins,
in Tagen ohne Brot:
Du stirbst mit uns an unserm Kreuz,
du stirbst auch unseren Tod.

Im Sturm, der nicht zertrümmert,
im Schutz für unser Boot:
Du steigst mit uns von unserm Kreuz,
besiegst auch unseren Tod.

EG + 9
Text (nach Michael Scouamec): Diethard Zite. Melodie: Jo Akepsimas. © Musik: Studio SM, Varades. © Deutscher Text: tvd-Verlag, Düsseldorf

Christen und Heiden (D. Bonhoeffer)
Menschen gehen zu Gott in ihrer Not,
flehen um Hilfe, bitten um Glück und Brot,
um Errettung aus Krankheit, Schuld und Tod.
So tun sie alle, alle, Christen und Heiden.

Menschen gehen zu Gott in Seiner Not,
finden ihn arm, geschmäht, ohne Obdach und Brot,
sehn ihn verschlungen von Schwachheit und Tod.
Christen stehen bei Gott in Seinen Leiden.

Gott geht zu allen Menschen in ihrer Not,
sättigt den Leib und die Seele mit Seinem Brot,
stirbt für Christen und Heiden den Kreuzestod,
und vergibt ihnen beiden.

Zum Beten:
Du bist gestorben, wie ein Mensch stirbt, Du
hast Deinen Lebensatem ausgehaucht.
Du hast Dich für uns hingegeben.
Du bist das Zeugnis von Gottes großer Liebe
zu uns und unserer Welt. Du bist Gottes Sohn.
Lass uns im Herzen erkennen, was Du für uns
getan hast. Und was Du für uns tust.
Amen.

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Zum Hintergrund dieser Texte:

Zum Freitag, den 3. April, luden wir ein zu einem ökumenischen Kreuzweg in Petterweil. Doch den aktuellen Umständen geschuldet, können wir ihn so nicht begehen. Und sollten es auch nicht. Dennoch sollen das Material nicht umsonst gekauft und die Gedanken dazu nicht umsonst gemacht worden sein. Wir laden ein, diesen gemeinsamen Weg von Tag zu Tag bis Karfreitag auf diese Art zu gehen. Wir folgen den Gedanken des ökumenischen Kreuzweges der Jugend „Icon“. „Icons“ sind in der modernen Computerwelt kleine Zeichen, die man anklicken kann, um zu Informationen zu gelangen oder sonstwie den PC zu bedienen. Eigentlich aber steht englisch „Icon“ für „Ikone“. Das sind gemalte Glaubensbekenntnisse in der Bildersprache der Ostkirchen. Entlang solcher Ikonen denken wir, der Botschaft von Jesu Kreuz für unsere Lebenswirklichkeit nachzudenken.

Die Ikonen stammen von einem Ikonenkreuzweg, der in Dresden in der St.-Hubertus-Gemeinde hängt. Wer möchte, kann sich bei geeigneten Quellen zur spirituellen Tradition und künstlerischen Formensprache von Ikonen informieren. Wichtig für uns ist: Solche Bilder laden zum Verweilen ein. Man muss sie auf sich wirken lassen. Denn sie wollen etwas ins Herz des Betrachters hineinwirken lassen, was eigentlich nicht darstellbar und unbeschreiblich ist: Das Geheimnis der Liebe des einen dreifaltigen Gottes. So sind Sie eingeladen, vor allem das Bild zu betrachten. Dazu bieten wir in sehr verkürzter Form Texte und Anregungen aus dem Teilnehmerheft an. Das haben wir für Teilnehmende ja bestellt. Es liegen Exemplare aus in St. Bardo und in der Martinskirche zum Mitnehmen für die, die lieber das Heft in der Hand halten.