Sieben und mehr erste Osterworte Jesu – Siebte Station: „Fass mich ruhig an! Selig sind…“

Sieben und mehr erste Osterworte Jesu
Ein Auferstehungsweg in der 2. Woche nach Ostern
bzw. in der orthodoxen Osterwoche 2020

Siebte Station: „Fass mich ruhig an! Selig sind…“

„Der Auferstandene begegnet Thomas“
Ikone aus Novgorod, Anfang 16.Jhd.,
jetzt im Ikonenmuseum in Recklinghausen

Ein Glaubenspsalm aus Philipper 2:
Seid so unter euch gesinnt,
wie es auch der Gemeinschaft in Christus Jesus entspricht:
Er, der in göttlicher Gestalt war,
hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein,
sondern entäußerte sich selbst
und nahm Knechtsgestalt an,
ward den Menschen gleich
und der Erscheinung nach als Mensch erkannt.
Er erniedrigte sich selbst
und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz.
Darum hat ihn auch Gott erhöht
und hat ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist,
dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie,
die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind,
und alle Zungen bekennen sollen,
dass Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters.

Die biblische Geschichte aus Johannes 20:
Thomas, auch Didymus genannt, einer der Zwölf, war nicht dabei gewesen, als Jesus zu den Jüngern gekommen war. Die anderen erzählten ihm: »Wir haben den Herrn gesehen!« Thomas erwiderte: »Erst muss ich seine von den Nägeln durchbohrten Hände sehen; ich muss meinen Finger auf die durchbohrten Stellen und meine Hand in seine durchbohrte Seite legen. Vorher glaube ich es nicht.«
Acht Tage später waren die Jünger wieder beisammen; diesmal war auch Thomas dabei. Mit einem Mal kam Jesus, obwohl die Türen verschlossen waren, zu ihnen herein. Er trat in ihre Mitte und grüßte sie mit den Worten: »Friede sei mit euch!« Dann wandte er sich Thomas zu. »Leg deinen Finger auf diese Stelle hier und sieh dir meine Hände an!«, forderte er ihn auf. »Reich deine Hand her und leg sie in meine Seite! Und sei nicht mehr ungläubig, sondern glaube!«
Thomas sagte zu ihm: »Mein Herr und mein Gott!« Jesus erwiderte:
»Jetzt, wo du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind die, die nicht sehen und trotzdem glauben.«

Zur Besinnung:
„Vom Glück des Thomas und vom Glück derer, die der Ostergeschichte trauen, vom Glück der Hinterfragenden und vom Glück derer, die sich einfach beglücken lassen“
Reizvoll wäre es, meine Geschichte vom Ostermontag hier nochmal zu erzählen. Wer mag, lese nach im Blog.
Hier nur dies ganz persönlich:

Thomas, habe ich dir schon gesagt, dass du einer meiner Lieblingsjünger bist?
Denn du glaubst nicht einfach, was andere so selbstgewiss erzählen.
Ich gebe zu, dass, wie jemand sagte, auch mir die, die zweifeln, keinesfalls Angst machen, aber die, die so völlig ohne Zweifel sind.
Du hat Angst, es könne alles nur ein fake sein und diese Welt bleibt nun doch sich selbst und ihren Überlebenskämpfen überlassen.
Ohne Gnade.
Darum willst du deine fünf und mehr Sinne gebrauchen, und deinen Verstand.
Du willst dich vergewissern,
das Unbegreifliche begreifen,
den Sieg des Lebens mit allen Sinnen empfinden.

Thomas, ich kann dich gut verstehen;
auch mir fällt es schwer,
zu glauben ohne entsprechende eigene Erfahrung.
Ich muss daher die Aussagen anderer, sogar die, welche einst zuerst von Ostern und Auferstehung kündeten, nachprüfen, nachfragen, zu ergründen suchen.
zu schauen,
Auch ich kann kaum erfassen,
dass der Gestorbene nicht im Tode geblieben ist.
Auch mich bewegen Fragen und Zweifel.
Eine Qual? Ja, manchmal, eher ein Bedürfnis.

Thomas, wie gern würde ich wie du verstehen.
Du darfst mit eigenen Augen das Unglaubliche sehen.
Du hast die Erlaubnis, deine Finger in die Wunden Jesu zu legen,
mit eigener Hand die Spuren des Todes – und des Lebens in einem zu ertasten.
Du hast die Erlaubnis – und spürst damit schon den Sieg des Lebens.
Du brauchst nicht in wunden zu wühlen – die Anschauung reicht.
Und da bewegt sich in dir ein völlig neues Lebensbild von Jesus.
Du lässt die dir altvertraute Person los und begegnest ihm neu.

Du kannst sagen:
Mein Herr und mein Gott.

Wenn du das sagst,
sag ich es auch:
Mein Herr Jesus, mein Gott…
Und auf einmal höre ich Jesu Wort als Wort auf mein Leben:
„Selig bist du…“
Wenigstens jetzt, wenn ich mir eure Begegnung vor Augen halte.

Ja, und dann ahne ich, warum du aufgebrochen bist, um Jesus immer wieder so zu begegnen.
Du bist, wie man erzählt, sogar bis nach Indien gekommen und hast den Gott, der so an Jesus handelte und darum an aller Welt, bezeugt.
Du hast Menschen selig gemacht – denn sie glaubten. Diese ersten, echten, wahren Thomaschristen in Indien.

Wenn Jesus also selig preist die, die glauben auch auf dein Wort hin,
dann ist das ein Auftrag.
Davon erzählen alle Evangelien:
Jesu immer neues Wort nach seiner Auferstehung:

„Wie mich mein Vater gesandt hat, so sende ich euch – geht in die Welt, ich bin bei euch.“

Kleine Übung:
Stellen sie sich vor: Sie sind Thomas. Jesus steht vor Ihnen und schaut sie an. Weder von oben herab noch voller Vorwurf, auch nicht dem leisesten und verstecktesten.
Sondern so, wie John Henry Newman es formulierte:
Er schaut dich, wer immer du seist,
so wie du bist, persönlich.
Er ruft dich beim Namen.
Er sieht dich und versteht dich, wie er dich schuf.
Er weiß, was in dir ist, all dein Fühlen und Denken,
deine Anlagen und deine Wünsche,
deine Stärke und deine Schwäche.
Er sieht dich an deinem Tag der Freude
und an deinem Tag der Trauer.
Er fühlt mit deinen Hoffnungen und Prüfungen.
Er nimmt Anteil an deinen Ängsten und Erinnerungen,
an allem Aufstieg und Abfall deines Geistes.
Er umfängt dich rings und trägt dich in seinen Armen.
Er liest in deinen Zügen,
ob sie lächeln oder Tränen tragen,
ob sie blühen an Gesundheit oder welken in Krankheit.
Er schaut zärtlich auf deine Hände und Füße.
Er horcht auf deine Stimme,
das Klopfen deines Herzens,
selbst auf deinen Atem.
Du liebst dich nicht mehr,
als er dich liebt.

Und dann mögen sie beten, etwa dies
Gebet einer Basisgemeinde aus Brasilien:
Gott, mach uns unruhig,
wenn wir selbstzufrieden sind.
Wenn wir uns am sicheren Hafen
und bereits am Ziel glauben,
wenn wir allzu dicht am Ufer entlangsegeln,
wenn wir uns damit abfinden,
dass unsere kleinen Träume sich erfüllen.
Gott, mach uns unruhig,
wenn wir über der Fülle der Dinge,
die wir haben und wollen,
den Durst nach dem Wasser des Lebens verloren haben,
wenn wir, verliebt in unsere eigenen Pläne,
aufgehört haben, auf deinen Willen zu horchen,
wenn wir über allen Anstrengungen,
die wir für unsere Zukunft investieren,
deine Vision vom neuen Himmel
und der neuen Erde übersehen.
Gott, rüttle uns auf, damit wir kühner werden und uns
hinauswagen auf das weite Meer,
wo uns die Stürme entgegenwehen
und wir ganz auf deinen Schutz vertrauen können,
wo wir mit schwindender Sicht auf das Ufer
die Sterne aufleuchten sehen.
Gott, lass uns neu beginnen in deinem Namen,
der du die Horizonte unserer Hoffnung
weit hinausgeschoben
und die Beherzten aufgefordert hast, dir zu folgen.
Gott, lass die Liebe in uns zu einem Feuer werden,
das uns ergreift,
das alle Feigheit verbrennt
und dich aufleuchten lässt,
der du das Licht bist und die Liebe.

Ein Osterlied aus dem Gesangbuch:

Text: Lothar Zenetti 1973, Melodie: Jean Liesse 1971

Ein Segenszuspruch für eine ganze Osterzeit
In südöstlichen Gegenden wahrt man auf dem Lande noch einen Brauch für die ganze Osterzeit, die immerhin bis zu Pfingsten geht. Menschen – also auch einander Unbekannte – segnen sich bei jeder Begegnung so, in dem eine*r sagt: „Jesus ist auferstanden!“, und die/ der andere antwortete „Er ist wahrhaftig auferstanden!“ (In der Schweiz: Er ist effektiv auferstanden).
Also nun von meiner Seite:

Der Herr ist auferstanden!