Auf dem Weg zu Palmsonntag 2020 – Gedankensplitter zu den biblischen Texten IV

Jedem Sonntag sind ein Psalm, ein Abschnitt aus den Evangelien als Evangelium zum Sonntag, ein Abschnitt aus dem Ersten Testament (früher „Altes Testament“), ein Abschnitt aus einem der neutestamentlichen Briefe und noch drei weitere Bibeltexte zugeordnet.

Weder Verlag noch Autorin haben mich aufgefordert. Ich finde es wirklich gut und möchte es weiterempfehlen:
Tina Willms: Zwischen Abschied und Anfang. Ein Begleiter durch die Passions- und Osterzeit. Andachten, Gedichte und Gebete. Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn, 2020
ISBN: 978-3-7615-6702-9.
Sie müssen es nicht über die üblichen großen Versandhäuser kaufen.
Sie sollten, wenn Sie es für sich als Begleitung in der kommenden Zeit haben wollen, es bei einem unserer „kleinen“ Buchläden in Karben, in Bad Vilbel, in Friedberg bestellen. Die dürfen zwar zur Zeit keine direkten Kundengeschäfte tätigen, aber indirekt schon: Per Telephon, per Email, und so weiter. Sie liefern aus oder lassen ausliefern. Damit unterstützen Sie unsere liebenswerten „kleinen“ Läden vor Ort und schaden den „Großen“ eigentlich gar nicht. Und haben selbst einen Gewinn.
Das wäre doch eine gute Übung für „die Zeit danach“, oder?

Das Evangelium für den kommenden Palmsonntag ist die Geschichte von Jesu Einzug in Jerusalem.
Dazu schreibe ich nun nichts selbst, sondern biete Ihnen an, den Bibeltext nach dem Evangelium des Johannes zu lesen und dann mit mir einen Blick in das Buch von Tina Willms zu werfen als Kostprobe vieler weiter lebensermutigender Texte.

Der Bibeltext:
Joh 12,12-19
12 Als am nächsten Tag die große Menge, die aufs Fest gekommen war, hörte, dass Jesus nach Jerusalem kommen werde, 13 nahmen sie Palmzweige und gingen hinaus ihm entgegen und schrien: Hosianna! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn, der König von Israel! 14 Jesus aber fand einen jungen Esel und setzte sich darauf, wie geschrieben steht (Sacharja 9,9): 15 „Fürchte dich nicht, du Tochter Zion! Siehe, dein König kommt und reitet auf einem Eselsfüllen.“ 16 Das verstanden seine Jünger zuerst nicht; doch als Jesus verherrlicht war, da dachten sie daran, dass dies von ihm geschrieben stand und man so an ihm getan hatte.
17 Die Menge aber, die bei ihm war, als er Lazarus aus dem Grabe rief und von den Toten auferweckte, bezeugte die Tat. 18 Darum ging ihm auch die Menge entgegen, weil sie hörte, er habe dieses Zeichen getan. 19 Die Pharisäer aber sprachen untereinander: Ihr seht, dass ihr nichts ausrichtet; siehe, alle Welt läuft ihm nach.

Und nun aus „Zwischen Abschied und Neuanfang“, S. 11-12 und 14-15:

Jesus zieht in Jerusalem ein: Wie eine Ouvertüre, so kommt mir diese Geschichte vor. Ein Eingangsstück, in dem alles, was kommen wird, schon anklingt.
Da sind die Menschen, die ihn empfangen. Keinen roten Teppich breiten sie vor ihm aus, sondern einen Flickenteppich aus dem, was sie vorfinden. Palmzweige von den Bäumen am Wegrand. Dazu ihre Kleider, die sie am Leibe getragen haben. In ihnen stecken ihre Geschichten, ihr ganzes Leben legen sie aus vor ihm, der da kommen soll. Ihr Elend und ihre Hoffnungen, den Glanz ihres Lebens ebenso wie Schweiß und Schmutz.
Und der Soundtrack dazu? Das ist kein Triumphmarsch, der da erklingt. Nichts Herrschaftliches. Auch keine feine, reine, eindeutige Musik.
Die Menschen, sie jubeln und schreien. Ihre Sehnsucht schreien sie heraus und ihre Verzweiflung. Nicht »Halleluja« rufen sie, kein »Lobt Gott!«.
Sie schreien: »Hosianna! Hosianna!« Hilf doch! Hilf uns! So wie dein Name es sagt: Jeschua, Jesus, der Retter.
Und dann endlich kommt er. Die Rufe branden auf, die Menschen recken die Köpfe. Da, da ist er! Er, auf den wir so lange gewartet haben.
Er reitet auf einem Füllen. Seine Beine berühren den Boden fast. Und wer ihn sieht, kann es schon ahnen: Es wird nichts mit einer Machtergreifung der Art, in der einer sich selbst zum Gott macht. Der von Gott Ermächtigte wird nicht dreinschlagen, zerstören oder gar vernichten. Er wird nicht zu Felde ziehen, um sich die Erde Untertan zu machen, und wird keine Kreuzzüge ausrufen, um über Leichen zu gehen.
Der Einzug dieses Königs, der die Rettung im Namen trägt, ist geprägt von der Nähe zu denen, die auf ihn warten, die unten sind. Er sieht die Flickenteppiche an, den Glanz, die Tränen, den Dreck, und schaut denen ins Gesicht, die sie gewebt haben. Wer ihm begegnet, wird sich verändern.
Diese Ouvertüre, sie erzählt schon von der Allmacht einer Liebe, die himmlisch ist, weil sie menschlich wird. Diese Liebe, sie scheut weder Schmerz noch Schuld, weder Leid noch das Sterben. Aber sie überlässt sich dem allen nicht.
Vielmehr stattet sie das Leben aus mit einer subversiven Kraft. Die lässt Gewalt und Hass ins Leere laufen. Und überwindet am Ende sogar den Tod.

Gebet: Sich menschlich zeigen
Menschgewordener Gott,
du kennst meine Sehnsucht nach einer Schönheit,
die vollkommen ist.
Wie gern würde ich dich
schön finden
auf eine makellose Weise.
Unversehrt, wohlriechend, lächelnd und rein.
Schwer auszuhalten,
dass du diese Wünsche durchkreuzt.
Du weinst und schreist,
blutest und schwitzt.
So wie ich
in meinen schutzlosesten Momenten.
Lehr mich,
die andere Schönheit zu sehen,
die sich erweist,
wo wir uns menschlich zeigen.
Wo wir
Wunden verbinden,
Tränen abwischen,
Schmerz aushalten
und einander beistehen
in den schwersten Stunden.