Sieben und mehr erste Osterworte Jesu – Vorwort und Eröffnung

Sieben und mehr erste Osterworte Jesu
Ein Auferstehungsweg in der 2. Woche nach Ostern
bzw. in der orthodoxen Osterwoche 2020


Vorwort

Vor Ostern präsentierten wir eine Kurzfassung unseres ökumenischen Kreuzweges. Den Umständen geschuldet konnten wir ihn nicht leibhaftig in Petterweil begehen. Am Karfreitag erschien die letzte Station, bereits ein Vorblick auf Ostern: „Jesus lebt und ich mit ihm!“
Zu Karfreitag lag in unserer Kirche eine Besinnung zu den letzten sieben Worten Jesu am Kreuz aus. Dies brachte mich bereits vor einem Jahr auf die Idee: Was waren eigentlich die ersten 7 (oder mehr) Worte Jesu NACH seiner Auferweckung? Das war dann auch das Thema eines ökumenischen österlichen „Auferstehungsweges“ am Ostermontag 2019. Diesen Weg habe ich nun neu bearbeitet für unseren Blog.

Eröffnung

Es darf auf dem Weg im Lichte der Osterbotschaft im Unterschied zum Kreuzweg geredet, sogar gelacht werden.

Darum hier ein Kalauer von Lothar Zenetti:
Ich war im Kino

Blutüberströmt
Fertiggemacht
Fiel einer um
Als Letzter von allen –
Das war ein Western!

Ich war in der Kirche

Blutüberströmt
Fertiggemacht
Stand einer auf
Als Erster von allen
Das war ein Ostern

Erste Station: „Maria“

Psalmgebet aus Jes. 43
So spricht der HERR, der dich geschaffen hat, Jakob,
und dich gemacht hat, Israel:
Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst;
ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!
Wenn du durch Wasser gehst, will ich bei dir sein,
und wenn du durch Ströme gehst, sollen sie dich nicht ersäufen.
Wenn du ins Feuer gehst, wirst du nicht brennen,
und die Flamme wird dich nicht versengen.
Denn ich bin der HERR, dein Gott,
der Heilige Israels, dein Heiland.
Du bist teuer in meinen Augen und herrlich
Ich habe dich lieb.
So fürchte dich nun nicht, denn ich bin bei dir.

Die biblische Geschichte aus Johannes 20:
Maria stand draußen vor dem Grab Jesu; sie weinte. Und während sie weinte, beugte sie sich vor, um ins Grab hineinzuschauen. Da sah sie an der Stelle, wo der Leib Jesu gelegen hatte, zwei Engel in weißen Gewändern sitzen, den einen am Kopfende und den anderen am Fußende.
»Warum weinst du, liebe Frau?«, fragten die Engel. Maria antwortete: »Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wohin sie ihn gebracht haben.«
Auf einmal stand Jesus hinter ihr. Sie drehte sich nach ihm um und sah ihn, erkannte ihn jedoch nicht.
»Warum weinst du, liebe Frau?«, fragte er sie. »Wen suchst du?« Maria dachte, es sei der Gärtner, und sagte zu ihm: »Herr, wenn du ihn weggebracht hast, sag mir bitte, wo du ihn hingelegt hast, dann hole ich ihn wieder.« –
Da sprach Jesus: »Maria!« Da wandte sie sich um und rief: »Rabbuni!«
„Mein Meister!“

Zur Besinnung: Wenn der Lebendige mich anspricht
Man hat ihr viel nachgesagt. Eine große Sünderin sei sie gewesen, gar eine bekehrte Prostituierte, jedenfalls eine Frau mit zweifelhaftem Ruf (wer rief sie eigentlich so zweifelhaft?). Spätere Bestsellerautoren dichteten ihr gar ein sexuelles Verhältnis mit Jesus an, ein Kind solle sie von ihm gehabt haben. Sozusagen ein Enkelkind Gottes…
Tatsächlich kam sie aus Magdala am Westufer des Sees Genezareth, darum Maria Magdalena. Wir wissen nicht viel von ihr, und doch ist sie neben Jesu Mutter Maria die am häufigsten erwähnte Frau im Neuen Testament. Als sie Jesus kennenlernte, war sie offenbar schwer krank. Er heilte sie. Und sie wurde eine seiner Jüngerinnen. Mit den anderen Frauen stand sie Jesus bei, als er am Kreuz hing. Mit den anderen Frauen wollte sie sich am Tag nach dem Sabbat darum kümmern, dass Jesus, der so schnell beigesetzt werden musste, doch noch ein nach damaligem brauch „ordentliches“ Begräbnis bekam. So wurde sie Zeugin für des lebendigen Gottes Gegenwart in Jesus: ER LEBT. Gott hat ihn nicht verlassen, nicht im Tod gelassen, er hat ihn aufgeweckt von den Toten. Damit wir wissen, wo unser Leben endet.
Nach dem Evangelisten Johannes ist sie sogar die erste Osterzeugin.
Doch zunächst mögen ihre Gedanken und Gefühle gerast haben. In ihrer Trauer blickt sie in ein leeres Grab. Wer hat Jesu Leiche entfernt und warum? Als Frau hat sie gelernt: Fragen kostet nichts und ist sinnvoller als wild zu spekulieren. Sie fragt also den Friedhofsgärtner. Der sinniger Weise zur rechten Zeit auftaucht.
Ich denke nicht, dass Maria vor Trauer und Verzweiflung blind war, und darum Jesus nicht gleich erkannte. Wie in anderen Evangelien wird erzählt, dass Jesus als Auferstandener sich je und je zu erkennen geben MUSS. Er ist derselbe wie der Tote und zuvor der Rabbi Jesus. Zugleich ist er nun „verwandelt“. Er ist wie Gott, er ist Gott. An manchen Stellen seines Lebens zuvor blitzte es schon auf, da, wo er heilte, oder des nachts auf dem See seinen Jüngern erschien, oder auf dem Berg der Verklärung. Nun lebt er Gottes Ewigkeit. Nun muss er sich offenbaren. Ist sozusagen Gottes Offenbarungseid auf sein ganzes Leben, auf unser ganzes Leben.
Jesus offenbart sich und ruft Maria bei ihrem Namen: Er hat sie bei ihrem Namen gerufen, sie ist sein.
Wieviel Zärtlichkeit mag da mitgeschwungen haben, wieviel himmlische Liebe: „Maria“. Und Maria weiß sich erkannt, weiß sich getröstet, weiß nun, wer sich ihr da zeigt als der Lebendige, als ihr Lebensinhalt.
„Maria“ – Wie Gott spricht Jesus einen Menschen in tiefster Seele an. Und damit gewinnt ein Mensch einen neuen Lebensauftrag, und sein Leben hat unverlierbaren Sinn.
Maria wird nicht nur beim Namen gerufen, sie wird IHR Leben gerufen. Sie wird Jesu Zeugin werden. Es deutet sich an, wie nun ihrerseits Maria Jesus beim Namen nennt: „RAbbuni“ – „Mein Meister“. Insofern hat eine alte Legende recht, nach der Maria als Jesu Zeugin sogar in Südfrankreich wirkte und von da aus sogar bis Nordwestspanien kam…
Beim Namen gerufen ersteht Maria an der Seite Jesu auf in ihre Zukunft.

Kleine Übung:
Was im Psalm einst Israel zugesagt wurde, ist durch diese Geschichte jedem zugesagt:
Sie sind von IHM bei Ihrem Namen gerufen.
Vielleicht gezwungenermaßen im stillen Kämmerlein: Sprechen Sie ihren Namen laut aus. Sprechen sie ihn ganz liebevoll aus. Sogar zärtlich. Ein paar mal. Stellen Sie sich vor: So sind Sie angesprochen von IHM. Egal, wie es Ihnen gerade geht. Spüren Sie in sich nach, was es Ihnen bedeutet, so beim Namen ins Leben gerufen zu werden. In IHR Leben. Mit IHM.
Und dann denken Sie an jemanden und sprechen laut dessen Namen aus, ebenso liebevoll.
Und schon haben Sie ein Gebet für ein ganzes Leben gesprochen.

Zum Beten:
Ich sage Ja zu dem, der mich erschuf.
Ich sage Ja zu seinem Wort und Ruf,
zum Lebensgrund und Schöpfer dieser Welt,
und der auch mich in seinen Händen hält.

Ich sage Ja zu dem, der uns gesandt
und aus dem Tod zum Leben auferstand
und so trotz Hass, Gewalt und Menschenlist
für uns zum Freund und Bruder worden ist.

Ich sage Ja zu Gottes gutem Geist,
zum Weg der Liebe, den er uns verheißt,
zu wagen Frieden und Gerechtigkeit
in einer Welt voll Hunger, Angst und Leid.

Ich sage Ja zu Wasser, Kelch und Brot,
Wegzehrung, Zeichen, Zuspruch in der Not.
Ich sage Ja und Amen, weil gewiss:
Ein andres Ja schon längst gesprochen ist.

(EG + 50 T. u. M.: Okko Herlyn © tvd-Vlg.)